Mir egal, was andere glauben. Oder ob sie gar nichts glauben. Hauptsache, sie lassen mich damit in Ruhe.“ Etwa so reden nicht wenige Zeitgenossen, wenn sie auf Religion und Glaube angesprochen werden. Das ist eine ziemlich praktische Antwort, weil sie intellektuell und hinsichtlich des eigenen Handelns so wunderbar folgenlos ist. Wenn alles eigentlich „egal“ ist, sind auch die letzten Fragen an das Leben sowie der Versuch ihrer Beantwortung nicht wirklich dringend. Dann reicht das scheinbar mühelose Dahinleben, dann muss nicht um existenzielle Tiefe gerungen werden. Auch hören sich obige Gedanken ja ganz tolerant an: Jeder darf seines eigenen Glückes und Glaubens Schmied sein. Alles kann, nichts muss – die totale Gleichgültigkeit.
Diese Haltung, das übersieht man leicht, ist allerdings ein eher westliches Privileg. „Drei Viertel aller Menschen leben in Ländern, die die Religions- und Weltanschauungsfreiheit einschränken“, sagt Markus Grübel, Beauftragter der Bundesregierung für das Menschenrecht auf Religionsfreiheit. Als weltweit größte Glaubensgemeinschaft sind vor allem die Christen betroffen. Beispiel China, wo zahlreiche von ihnen von der Regierung als Staatsfeinde behandelt werden. Doch auch andere Gläubige im größten kommunistischen Land der Erde sind betroffen, darunter die Buddhisten in Tibet und die muslimischen Uiguren in der westlichen Region Xingjiang. Die Uiguren gelten als eine Art „Untermenschen“, die in Lagern vermeintlich „umerzogen“ werden und so auf das autoritäre Staatswesen getrimmt werden sollen.
Bei uns steht die Religionsfreiheit in der Verfassung, Artikel 4 des Grundgesetzes. Der Rechtstext ist jedoch das Eine. Das Andere ist, ihn mit Leben zu füllen. Ist die im Westen weit verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber Religionen, diese schulterzuckende Verdrängung des Glaubens ins Private, schon gelebte Religionsfreiheit? Oder kann die Haltung des „Egal“ nicht auch anfällig machen für pauschale Vorurteile gegenüber Gläubigen, deren Abwertung als Anhänger einer „primitiven“ Religion? Die abscheulichen islamistischen Terroranschläge in Paris, Nizza, Wien stellen auf die Probe. Jetzt kommt es darauf an, nicht rechten Reflexen zu folgen und die friedlichen oder reformorientierten Muslime mit menschenverachtenden Terroristen in einen Topf zu werfen. Religionsfreiheit fordert aktives Interesse an den großen Fragen des Lebens und den Antwortversuchen jener Menschen, die ihren Glauben mit dem Willen zu Friede und Versöhnung verbinden, mit Vernunft, vielleicht auch mit Mystik. Seien es Christen, Juden, Muslime… Religion ist nicht frei, wenn sie allen „egal“ ist, sondern wenn sie die Chance erhält, zu Austausch und Nachdenken, zum Glauben anzuregen.