Der Wiener Theologe Adolf Holl, der 89-jährig gestorben ist, konnte polarisieren. Mit seiner Person verbunden sind Schlagworte wie „Kirchenkritiker“, „Linkskatholik“ und „amtsenthobener Priester“. 1971 veröffentlichte er den Band „Jesus in schlechter Gesellschaft“, ein Buch, in dem er den Stifter des Christentums als Sozialrevolutionär zeichnete. Mithin stellte er Jesu Göttlichkeit infrage und bezweifelte, dass Jesus eine Kirche gewollt habe, die von Klerikern geleitet wird. Im darauffolgenden Machtkonflikt mit Kardinal Franz König verlor Holl die Lehrbefugnis und wurde drei Jahre später vom Priesteramt suspendiert.
Der Grazer Philosoph Peter Strasser bezeichnete Adolf Holl als „Ironiker Gottes“. Statt sich in irgendwelche Gedanken der Rache zu stürzen, habe Holl sich nach seiner Suspendierung zu einem kompetenten Vermittler religiöser Sachthemen gewandelt, „leichtfüßig und ein klein wenig ironisch“. Er galt als widerständig und zeitgeistzugewandt zugleich, moderierte im Fernsehen, war Autor vieler Bestseller, darunter „Die linke Hand Gottes“ (1997). Holls bestimmendes religiöses Denkprinzip war eine Unterscheidung aus dem Johannesevangelium: Der Christ müsse „in der Welt sein“, nicht von der Welt.