Online-GottesdiensteDie digitale Zukunft der Liturgie

Auch wenn die aktuelle Krise in den kommenden Monaten überwunden sein wird, geht der Theologe Winfried Haunerland davon aus, dass die Nachfrage nach Gebet, Gottesdienst und Glauben online langfristig steigen wird.

Viele Gläubige werden dieses Jahr nicht zum Weihnachtsgottesdienst in die Kirche gehen, sondern ihn digital am Bildschirm mitfeiern. Der Münchener Liturgiewissenschaftler Winfried Haunerland sieht darin eine gute Gelegenheit, über ein neues „liturgisches Leben online“ nachzudenken. Durch die Corona-Pandemie werde vielen Verantwortlichen erstmals bewusst, dass „das Internet bereits ein Ort der Seelsorge und der geistlichen Kommunikation ist“, schreibt er in der „Münchener Theologischen Zeitschrift“.

Auch wenn die aktuelle Krise in den kommenden Monaten überwunden sein wird, geht Haunerland davon aus, dass die Nachfrage nach Gebet, Gottesdienst und Glauben online langfristig steigen wird. „Die digitale Welt ist Teil unserer Welt geworden, und eine Kirche, die das Evangelium der ganzen Welt verkünden will, die prinzipiell bereit sein möchte, die Menschen so zu begleiten, wie es für die jeweiligen Menschen angemessen ist, kann nicht darauf verzichten, ihren Platz in dieser digitalen Welt zu suchen.“ So könnten auch Gläubige angesprochen werden, die nicht zu den traditionellen Kirchgängern zählen und „eher im Netz zu finden sind als im Gottesdienst“.

Dabei gehe es allerdings nicht darum, den klassischen Gottesdienstbesuch zu ersetzen. Sobald es gefahrlos möglich ist, sollen sich die Gemeinden wieder in der Kirche versammeln, das sei „weiterhin eine durch nichts zu ersetzende Weise, in der die Kirche in Erscheinung tritt“. Doch das digitale Angebot – nicht nur zur Weihnachtszeit – ermögliche auch einen Blick über den eigenen geistlichen Tellerrand und auf die Vielfalt der Gottesdienstorte. Neben Feiern aus prunkvollen Kathedralkirchen nennt Haunerland auch Klostergemeinschaften, die das Stundengebet, ihre regelmäßigen Gesänge und Riten online teilen. „Gerade in diesen Wochen und Monaten war ihr Gottesdienst in besonderer Weise auch eine stellvertretend gefeierte Liturgie.“

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