Als ob die brasilianische Bevölkerung nicht ohnehin schon seit langem unter einem Übermaß krimineller Gewalt insbesondere mafiaartiger Banden und Drogenorganisationen litte, hat Staatspräsident Jair Bolsonaro die Importsteuer für Schusswaffen abgeschafft. Eine entsprechende Anweisung erging kurz vor Weihnachten, dem Fest des Friedens, an die Außenhandelskammer. Nach Überzeugung des Politikers wird durch diese Bescherung von mehr Waffen ab Januar 2021 die Selbstverteidigung der Bürger erleichtert, die Kriminalität besser bekämpft und gesenkt. Zugleich dürfen die Leute größere Mengen an Munition erwerben, als bisher erlaubt war.
Revolver und Pistolen sind unter der Bevölkerung Brasiliens weit verbreitet. Gemäß Bolsonaros Verfügung dürfen Brasilianer nun sogar bis zu vier Feuerwaffen rechtmäßig besitzen. Diese müssen zwar offiziell bei der Bundespolizei angemeldet werden, was allerdings oft nicht befolgt und auch nicht wirklich kontrolliert wird. Vor allem das organisierte Verbrechen kommt nun noch preiswerter und leichter an seine Einschüchterungs- und Tötungsinstrumente.
Von den gut zweihundert Millionen Einwohnern des größten südamerikanischen Landes starben allein 2019 nahezu 60000 durch Gewaltakte. Amtlich gezählt wurden 157 Morde pro Tag, also gut sechs pro Stunde. Im Kampf gegen das Verbrechen hat ebenso die Polizeigewalt massiv zugenommen. Laut dem Forschungsinstitut „Brasilianisches Forum für Öffentliche Sicherheit“ sind bei den Einsätzen allein im ersten Halbjahr 2020 fast 3200 Personen durch Sicherheitskräfte getötet worden.
Neulich stellte Bolsonaros Sohn Eduardo, der Abgeordneter im Kongress ist, ein Foto, das ihn mit seinem Vater im Präsidentenpalast zeigt, ins Internet. An seinem Gürtel war eine Waffe zu sehen. An dem Bild entzündeten sich heftige Diskussionen im Internet. Das Tragen von Waffen ist im Präsidentenpalast nur der Polizei und sonstigem Sicherheitspersonal erlaubt.