Nach der Lektüre ist das Buch voller Fragezeichen und Anmerkungen. „Christliche Theologie?“, „Jesu Antwort?“, „Lehrplan!“ Das Buch wühlt also auf. Auch deshalb, weil es dem Autor um fundamentale Fragen geht: „Gibt Religion noch zu denken?“, lautet eine. „Kann man Religion lernen?“ eine andere. Oder: „Braucht man die Bibel heute noch?“
Rudolf Englert ist ein angesehener Religionspädagoge, der in Essen lehrt. In diesem Band sind sechs Vorlesungen im Rahmen seiner Gastprofessur in Regensburg enthalten. Der Autor zeigt die Zwickmühlen, in denen sich die Vermittler des Evangeliums, speziell auch im Religionsunterricht, befinden, klar auf. Das bereits vor Jahrzehnten von Jürgen Moltmann benannte Dilemma von Relevanz und Identität der Theologie entfaltet er neu: das Dilemma also, dass die christliche Theologie, die stark auf ihrem Eigenen (Identität) beharrt, für die Nichtfachleute uninteressant wird – die Theologie hingegen, die sich dem Zeitgeist hingibt, schnell ihren Mehrwert (Relevanz) einbüßt.
Auch die Tatsache, dass der „Gegenstand“ der theologischen Rede je nach Zugriffsweise und „Referenzrahmen“ ein anderes Gesicht zeigt und sich viele bedrängende Fragen – etwa: „Wie sieht es aus mit dem Leben nach diesem Leben?“ – nicht handfest beantworten lassen, nimmt großen Raum ein. Doch der christliche Theologe, davon ist der Rezensent überzeugt, schwimmt nicht orientierungslos im Meer der geistigen Konstrukte, er hat ein Boot und einen Kompass: die lange Tradition, die auf den beiden biblischen Testamenten und auf der Reflexion der Kirche über das Christus-Ereignis beruht. Dies ist auch die Grundlage des christlichen Religionsunterrichts – und das ergibt mehr als genug von spannendem „Stoff“ für alle Klassen und Schularten. Selbstverständlich weiß das auch Rudolf Englert, der feststellt: „Wer nach religiösen Antworten sucht, sollte sich mindestens in Ansätzen mit einer großen, Generationen und Jahrhunderte übergreifenden community religiös Suchender und Fragender auseinandersetzen können.“
Dies ist im schulischen Religionsunterricht freilich nicht immer einfach. Doch können dort auch kleine Wunder geschehen, die Schüler wie Lehrer beglücken. Es gibt Fortschritte – für Lernende wie Lehrende. Davon ist in Englerts Vorlesungen leider eher wenig die Rede, er ist oft skeptisch. So reizt das Buch zum Widerspruch. Aber auch das kann ja ein produktiver Zustand sein.