Heilige Drei KönigeExpedition ins Ungewisse

Die Sterne verheißen Großes. Ein Forscherteam bricht auf. Sie suchen einen Weltherrscher – und finden ein Kind.

Die Männer gehören zur Elite ihres Landes. Es sind Wissenschaftler, sie erforschen den Zusammenhang zwischen den Naturphänomenen und dem Leben der Menschen. Ihr Spezialgebiet ist der Sternenhimmel. Wenn am Nachthimmel etwas Außergewöhnliches zu beobachten ist – gibt es dann eine Entsprechung zu den Ereignissen auf der Erde? Das ist ihre Forschungsfrage. Zur Überprüfung ihrer Hypothese machen sie eine Expedition. Sie reisen mehr als tausend Kilometer weit, das ist mühsam und gefährlich. Aber sie sind überzeugt: Eine neue, klare Erkenntnis lohnt diesen Einsatz. Die Männer sind eben nicht nur Fachleute, sie sind auch anerkannt für ihr Lebenswissen und ihre Weisheit.

Am Himmel gibt es eine große Dreifach-Konjunktion der Planeten Marduk (Jupiter) und Kewan (Saturn) im Sternbild der Fische zu sehen. Marduk ist der oberste Gott; Kewan steht für den König der Juden, von denen eine starke Minderheit seit Jahrhunderten im Land der Forschungsreisenden lebt. Also gilt es zu überprüfen, ob den Juden tatsächlich ein neuer König geboren wird – mit dem Potenzial zum Weltenherrscher. Zu einem guten Weltenherrscher wohlgemerkt, denn die Zeiten sind chaotisch und dunkel. Nach nichts sehnen sich die Menschen mehr als nach Licht und Frieden. Wenn es da im Judenland einen solchen neuen Herrscher gibt, dann ist es allerdings geraten, diesem König seine Aufwartung zu machen und dazu kostbare Geschenke mitzubringen.

Nach gut zwei Monaten Reise erwartet unsere Expedition am Zielort eine herbe Enttäuschung. In der Residenz des jüdischen Königs, eines alten und psychisch angeschlagenen Mannes, löst die Anfrage nach einem neuen König – gelinde gesagt – Befremden aus. Lokale Experten werden zu Rate gezogen. Es sind Männer des Buches. Es gibt einen kleinen Hinweis auf das Kaff Bethlehem in der Nachbarschaft, eine alte Prophezeiung, nichts Substanzielles. Die Fremden wundern sich: Die örtlichen Schriftkundigen wissen etwas, aber sie gehen dem nicht nach. Sie bleiben lieber bei ihren Büchern und Vorurteilen.

Unsere Forscher aber gehen der neuen Spur nach. Tatsächlich finden sie dort in einem einfachen Haus „das Kind und Maria, seine Mutter“, wie es später heißen wird. Ist nun ihre Hypothese bewiesen oder nicht? Sie übergeben ihre Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Eine unerklärliche Freude überfällt die nüchternen Wissenschaftler. Sie waren mit völlig anderen Erwartungen hergekommen. Nun finden sie heraus, was sie selbst überrascht, etwas überwältigend Neues (zur Wissenschaft gehört, dass man offen ist für unerwartete Ergebnisse): Wenn dieses unscheinbare Kind ein König ist, dann ist doch in uns allen etwas Königliches, in jedem Menschen! Und ein Zweites gilt: Wenn dieses Kind einfacher Leute der von den Sternen angekündigte König ist, dann wird man beobachten müssen, wie sich dieses Kind entwickelt, ob es wirklich die Welt zum Guten hin verändern wird. Zur Wissenschaft gehört auch Geduld.

Mit diesem Ergebnis von Wissenschaft und Weisheit endet die Expedition der Sternforscher. Zu dem alten König in Jerusalem gehen sie nicht zurück. Bei dem hatten sie gleich ein ungutes Gefühl, wie sie sich jetzt gegenseitig versichern. Dem geht es nicht um Wissen und Erkenntnis, der klebt an seiner Macht. Die reicht allerdings für eine schreckliche Nachgeschichte, von der unsere Reisenden erst viel später erfahren: Der abgehalfterte Herrscher fügt den zahlreichen politischen Morden seines Lebens ein schreckliches Verbrechen an unschuldigen Kindern hinzu. Und so tut er das seit Jahrtausenden, bis heute.

Bis heute aber gibt es auch immer wieder die Menschen, die sich voller Neugier und Geduld auf den Weg machen. Sie verfolgen jede Spur und lassen sich davon überraschen, wie uns in allem Chaos und aller Dunkelheit doch immer wieder neu Licht und Frieden geschenkt werden.

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