Ende 2019 hat Jürgen Habermas „Auch eine Geschichte der Philosophie“ herausgebracht: ein dicker Schinken eines der meistbeachteten Philosophen unserer Zeit. Darin lässt der Altmeister der Frankfurter Schule sich intensiv über Religion und Glaube aus. Zugleich sind die zwei Bände eine Art gedankliche Summe des 91-Jährigen. Höchste Zeit also für die Theologie, ihre eigenen Mitstreiter aus 2000 Jahren christlicher Glaubensgeschichte vor Habermas in Schutz zu nehmen? Zu erklären, wie es „richtig“ geht? Überhaupt nicht, meint zumindest Martin Dürnberger, Fundamentaltheologe an der Universität Salzburg.
Spaß am Denken
Mit Jürgen Habermas werfe einer der großen Denker des 20. Jahrhunderts da „einen Blick in die Theologiegeschichte, in die Geistesgeschichte im christlichen Westen – und er liest nochmal Thomas von Aquin und Augustinus. Und er sieht sich Johannes Duns Scotus an... Es ist einfach spannend, ihm dabei über die Schulter zu schauen, ihm beim Denken zuzusehen“. Spannend warum? Nochmal Dürnberger über das Spätwerk von Habermas: „Was nehmen wir vielleicht nicht zur Kenntnis, aber was zieht er daraus? Und warum findet er das spektakulär, was in diesen jeweiligen Etappen der Geschichte funktioniert? Also es macht einfach Spaß, das zu lesen.“
So beginnt die zweite Folge des Podcasts „Diesseits von Eden“. Die Reihe mit Hörbeiträgen rund um Glaube und Theologie ist ein Projekt der katholisch-theologischen Fakultäten der Universitäten Salzburg, Innsbruck, Graz und Wien, der katholischen Privatuni Linz sowie der evangelisch-theologischen Fakultät und des Instituts für islamisch-theologische Studien in Wien. Die Idee ist, „die öffentliche Relevanz der Theologie sichtbar zu machen“, sagt der Salzburger Professor Alois Halbmayr.
Das „Projekt“ ist stark genug
Wie gut, wie wichtig! Und wie vielversprechend ist die Neugier auf die Denkerinnen und Denker „da draußen“, abseits des kirchlichen Dunstkreises, welche allein die Folge über Habermas verheißt. Es ist eine befreiende und motivierende Einsicht, dass die Theologie ihr großes und nie abgeschlossenes Projekt „Gott“ nicht vor kritischen Anfragen und gedanklichen Ausflügen beschützen muss. Was wäre das auch für ein Kleinglaube.
Selbstverständlich ist solche Neugier aber längst nicht. So lässt sich etwa die katholische Theologie nicht denken ohne das römische Lehramt, das sich nach wie vor anscheinend mehr als Wachhund denn als Moderator von Diskursen versteht. Aktuelles Beispiel: die Streitfrage zur ökumenischen Verbundenheit am Tisch des Herrn.
„Diesseits von Eden“ ist zu finden auf: https://diesseits.theopodcast.at