Bei Menschen mit dem Down-Syndrom ist das 21. Chromosom dreimal (statt zweimal) vorhanden. Anknüpfend an diese Zahlen – 21 und 3 – hat man den 21. 3. zum Welt-Down-Syndrom-Tag erklärt. Er soll die Menschen, die diese Genveränderung haben, verstärkt ins öffentliche Bewusstsein bringen.
Noch ist Umkehr möglich
Man muss an diese Zusammenhänge heute deutlicher erinnern als früher. Denn in dem Maße, in dem Menschen mit Down-Syndrom seltener werden, gehen auch das Wissen und das Verständnis für sie zurück. Neun von zehn Frauen entscheiden sich für einen Schwangerschaftsabbruch, wenn bei ihrem Kind die Wahrscheinlichkeit von Trisomie 21 festgestellt wird. Diese Entwicklung dürfte sich beschleunigen, wenn der Bluttest auf das Down-Syndrom tatsächlich zur Kassenleistung geworden ist. Die entsprechende Entscheidung ist gefallen, die Umsetzung befindet sich auf den letzten Metern. Doch immer noch ist eine Abkehr – oder, passender für die Fastenzeit: eine Umkehr – möglich. Deshalb ist es richtig, dass sich jetzt ein breites Bündnis von Medizinern, Hebammen, Behindertenverbänden und kirchlichen Organisationen in einem offenen Brief dafür starkmacht, das Verfahren doch noch zu stoppen (www.mittendrin-koeln.de).
In jedem Fall darf man zwei Dinge beim Down-Syndrom nicht machen: Das erste ist, die Menschen mit Trisomie 21 zu unterschätzen oder gar abzustempeln. Noch heute steht auf Wikipedia, es handle sich um „das Zusammentreffen einer geistigen Behinderung mit körperlichen Fehlbildungen“. Als wäre die Wissenschaft nicht längst weiter und würde es differenzierter sehen! Als gäbe es die – zugegeben noch eher wenigen – Fälle nicht, in denen Menschen mit Down-Syndrom Schul- oder gar Hochschulabschlüsse gemacht haben.
Und damit hängt das zweite zusammen: Das üppige, sich auch selbst erhaltende Fördersystem hierzulande mag gut gemeint sein. Letztlich ist es aber oft kontraproduktiv. Es zwingt Menschen mit Down-Syndrom in eine Sonderwelt, schließt sie von vorneherein von Wesentlichem aus, vor allem von angemessener Bildung. Angesagt wäre genau das Gegenteil: individuelle Förderung, ausgehend von einer grundsätzlichen Haltung der Inklusion. Die gleiche Teilhabe aller ist ein Menschenrecht. So haben es die Vereinten Nationen formuliert. Deutschland hat diese Konvention mit unterschrieben, wäre also verpflichtet, die Sonderwelten, insbesondere die Förderschulen, abzubauen. Umgesetzt wird dies aber praktisch nicht.
Die Systemfrage
Hinter all dem steht die Frage, wie wir leben wollen. In einem System, das die Starken fördert und die anderen vermeintlich wohlwollend aussortiert? Oder in einer Welt, in der man wirklich Rücksicht aufeinander nimmt und alle gleich viel wert sind.