Hinweis 25.03.2021, 14:15 Uhr: Bund und Länder haben ihre Bitte um rein digitale Gottesdienste mittlerweile zurückgezogen. (red)
Ostern 2021 könnte also wie Ostern 2020 werden. Man werde „auf die Religionsgemeinschaften zugehen mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen“, verlautbarte es jüngst von den Regierenden. Keine Pflicht, sondern diesmal eine Bitte, wie die Kanzlerin eigens betonte. Die Aufforderung unter dem Stichwort „Ruhetage zu Ostern“ ist mindestens überraschend, wie der stets diplomatische Heinrich Bedford-Strohm von der Pandemie-politisch sonst eher fügsamen EKD sagte. Überraschend nicht deshalb, weil die Politik in den vergangenen Wochen so vieles hätte besser machen können und müssen, nun aber den Joker zieht und den Kirchen die Präsenzgottesdienste an ihren wichtigsten Feiertagen vermiest. Es gibt sie nämlich noch, die Verständnisvollen, die die Hauptgegner dieser Tage nicht in den Regierenden sehen, sondern in den stark steigenden Zahlen der Inzidenzen und überfüllten Intensivstationen.
Überraschend, ja ärgerlich ist das Ganze eher, weil die Kirchen längst gezeigt haben, dass sie „mit Vorsicht Messe feiern können“, so Bischof Georg Bätzing. Das war schon Weihnachten der Fall, und es wird bei den ohnehin schlechter besuchten Ostergottesdiensten nicht anders sein. Die Kirchen sind keine Hotspots, sondern Corona-Profis. Die Hygienekonzepte der Pfarreien sind vorbildlich, pingelig. Wenn die Politik das dringend nötige Gefühl vermitteln will, dass sich trotz Impfstau und mangelhafter Teststrategie ganz langsam ein Weg aus der Pandemie findet, sollte sie nicht so tun, als stünden wir im Umgang mit der Seuche noch immer am Anfang. Statt einer hilflosen Bitte um die Absage von Präsenzgottesdiensten hätte man die Gläubigen ermutigen können, ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit wahrzunehmen: in Freiheit und Verantwortung. Erfreulich, dass viele Kirchenleute das ähnlich sehen und gegenüber der Politik gerade klare Kante zeigen. Jonas Mieves