Da verließen die Frauen das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemandem etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ (Mk 16,8) Hier enden die ursprünglichen Fassungen des Evangeliums nach Markus, des wohl ältesten der vier Evangelien, entstanden um das Jahr 70 nach Christus.
Was war geschehen? Drei namentlich genannte Frauen – Maria aus Magdala, Maria, die Mutter von Jakobus und Joses, sowie Salome –, die Jesus schon in Galiläa nachgefolgt waren, hatten von weitem der Kreuzigung Jesu zugesehen und seine Grablegung beobachtet. Sie sind es nun auch, die am ersten Tag der Woche in aller Frühe zum Grab gehen, um den toten Jesus mit wohlriechenden Ölen zu salben. Sie finden das Grab offen und begegnen darin einem jungen Mann im weißen Gewand. Er berichtet: Jesus ist auferstanden! Und er gibt ihnen einen klaren Auftrag: Erzählt es den Jüngern und Petrus und sagt, dass Jesus ihnen nach Galiläa vorausgehen und ihnen dort begegnen wird.
Anfangs fehlen die Worte
Die Frauen erfüllen den Auftrag nicht. Die Botschaft von der Auferstehung wird nicht verkündet. Hier endet das Evangelium – wie gesagt: in seiner ursprünglichen Fassung. In den anderen drei Evangelien wird die Geschichte des offenen Grabes in verschiedenen Varianten erzählt. Doch immer findet die Nachricht von der Auferstehung ihren Weg, spätere Fortschreibungen des Markusevangeliums gleichen sich an. Und mit den Überlieferungen in mündlicher und dann in schriftlicher Form geht der Auftrag über auf den weiteren Kreis der Hörer- und Leserinnen.
Dennoch: Das Moment von Schrecken und Entsetzen der Frauen, das sie verstummen lässt, ist ernst zu nehmen. Sie muten sich ja auch die ganze Leidensgeschichte zu. Während die Jünger nach der Gefangennahme Jesu den Kopf einziehen und Petrus seinen Herrn sogar verleugnet, beobachten die Frauen alles, was geschieht. Sie sehen das leere Grab und hören den Auftrag. Sie sind die ersten und unmittelbaren Zeuginnen des unglaublichen Ereignisses, das aller menschlichen Erfahrung zuwiderläuft, das nicht begreifbar und unsagbar ist. Trotz aller Furcht – „Geht und sagt es!“ (Mk 16,7), so lautet der Auftrag für die beiden Marias und Salome.
Und wie ist es heute? Der Predigtdienst von Frauen hat sich zumindest im Wortgottesdienst vielerorts durchgesetzt. Die Homilie aber, die Verkündigung und Auslegung des Evangeliums in der Heiligen Messe, sie bleibt in der römisch-katholischen Kirche den geweihten Männern vorbehalten. In offiziellen Schriften wurde dies in den letzten Jahren regelrecht zementiert. Doch diese Mauer bröckelt längst. Vor allem im deutschsprachigen Raum stehen theologisch gebildete Frauen bereit, viele Bischöfe und Pfarrer ermöglichen und unterstützen ihren Predigtdienst.
In Deutschland fand auf Initiative der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands im vergangenen Jahr am 17. Mai, dem Gedenktag der Apostelin Junia, der erste Predigerinnentag statt. Und mit der ökumenischen Aktion „Helvetia predigt!“ rufen die Kirchenfrauen der Schweiz reformierte Kirchgemeinden und katholische Pfarreien dazu auf, die Sonntagspredigt am 1. August 2021 den Frauen zu übertragen. An diesem Tag feiert die Schweiz nicht nur Geburtstag, sondern auch 50 Jahre Frauenstimmrecht. Führen wir das fort – reden wir.