Wir feiern Ostern in einer Zeit laut bekundeter Ärgernisse, unzähliger Empörungen und Vorwürfe gegen alles und jeden. Viele können mit den bedrängenden Momenten existenzieller Verunsicherung nicht umgehen, ganz schwer auch mit dem Alleinsein, das in den Lockdown der Einsamkeit führen kann. Wenn wir uns vom Auferstandenen ergreifen lassen, können wir Sorgen und Enttäuschungen in einer österlichen Geschwisterlichkeit miteinander teilen – ohne in den Lockdown der Bitterkeit zu fallen.
Wir brauchen einander – und vor allem die Hilfe des Auferstandenen. Die Erfahrung, gewohnter Sicherheiten beraubt zu sein, kann eine österliche Chance sein. Solange wir meinen, alles selbst in der Hand zu haben oder zumindest klug kommentieren zu können, wird uns die Hand des Auferstandenen nicht interessieren. Wer jedoch tiefe Trostlosigkeit und verletzende Grenzen erlebt hat, wird empfänglicher für dieses eigentliche Ostergeschenk. Der lebendige Christus verbindet Himmel und Welt, und er steigt in jedes Gefängnis und Kellerloch, um uns herauszuholen. Wer sich von ihm ergreifen lässt, wird ohne Panik auch seinem Nächsten die Hand reichen können.
Hermann Glettler, Bischof von Innsbruck, in seiner Osterpredigt.