KlimaschutzgesetzWas unser Land verdient

Das Bundesverfassungsgericht hat das Klimaschutzgesetz teilweise für verfassungswidrig erklärt. Die Regierungskoalition reagiert, wie es zu erwarten war: überstürzt.

Das Zeitalter der Freiheit, wie wir es seit Ende des Zweiten Weltkriegs respektive seit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 kennen, geht zu Ende. Wie sich das anfühlt, lässt sich seit über einem Jahr in der Corona-Pandemie erleben. Sie ist ein Vorgeschmack auf die Einschränkungen von Freiheit, die uns der Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten abverlangen wird. Wir alle wissen, dass Freiheit in Zukunft ein immer knapperes Gut wird. Wie wir damit umgehen, ist eine ganz andere Frage: Von der seriösen Annahme dieser epochalen Herausforderung bis hin zum lamentierenden Beharren auf der Verschwendung unserer Ressourcen ist alles vertreten.

Schallende Ohrfeige

Nun sei die Klimakrise „von einer philosophischen Tatsache in eine politische Tatsache verwandelt“ worden – so kommentierte der Spiegel das aktuelle spektakuläre Urteil des Bundesverfassungsgerichts, mit dem das Klimaschutzgesetz von 2019 teilweise für verfassungswidrig erklärt wurde. Sein Hauptargument: Es verschiebe Lasten durch den Klimawandel auf die Zeit nach 2030 und verletze damit die Freiheitsrechte der jüngeren Generation. Die Höchstrichter verpflichteten die Regierung, bis Ende 2022 die Reduzierung der Treibhausemissionen auch für die Zeit nach 2030 zu regeln.

Das Urteil ist ein überraschender und sensationeller Erfolg für die klagenden Umweltverbände, unter ihnen auch Fridays for Future, und es ist eine schallende Ohrfeige für die Regierung. Sie ist bislang nicht in der Lage gewesen, angemessen auf den Klimawandel zu reagieren, das ist nun offiziell attestiert. Sie wird es auch nicht mehr können, das konnte man in den Tagen nach der Urteilsverkündung beobachten. Chaos ist ausgebrochen, überstürzt, erwartbar, reflexhaft: Umweltministerin Schulze (SPD) drischt auf Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) ein, CDU-Kanzlerkandidat Laschet will keinen Zahlenwettbewerb, um sofort in jenen Zahlenwettbewerb einzutreten, den der ergrünte CSU-Frontmann Söder ausgerufen hat, woraufhin SPD-Kanzlerkandidat Scholz sofort Kritik übt wegen der sozialen Schieflage, und Bundeskanzlerin Merkel (CDU) will das Thema nicht auf die lange Bank schieben. Das ist keine Klimapolitik, das ist Wahlkampf, es ist ein ernüchterndes Schauspiel. Höchst vielsagend dabei, wie wenig die Grünen sagen.

Kraftanstrengung fürs Klima

Ein angemessener Umgang mit dem Klimawandel, den unser Land verdient, lässt sich nicht binnen weniger Tage auf den Ruinen einer gescheiterten Klimapolitik erreichen. Dazu braucht es eine Kraftanstrengung, eine breit angelegte Strategie, an deren Entwicklung mehr Menschen mitwirken sollten als jene, die gerade regieren. Und gesteuert werden sollte es nach der Bundestagswahl von einem Klimaministerium. Auch das hat unser Land längst verdient.

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