Rezension zu Hubert Irsigler: Gottesbilder des Alten Testaments. Von Israels Anfängen bis zum Ende der exilischen Epoche. Der biblische Gott und seine vielen Bilder

Ein neues Standardwerk schildert den Weg Israels zum Glauben an den einen, einzigen Gott.

Der emeritierte Freiburger Alttestamentler Hubert Irsigler hat uns diese reife Frucht eines langen Gelehrtenlebens geschenkt. Unter dem bescheidenen Titel „Gottesbilder des Alten Testaments“ bietet das Werk eine beeindruckende Synthese einer Religions- und Theologiegeschichte Israels von der Frühzeit bis zum Ende des Exils. Aufgrund einer geradezu umfassenden Kenntnis der Forschungsgeschichte und einer außergewöhnlichen Vertrautheit mit der Fülle alttestamentlicher Texte gelangt der Autor zu ausgewogenen und gut nachvollziehbaren Deutungen. Das Buch bietet sowohl für die Fachwelt als auch für interessierte Laien reichen Gewinn. Es dürfte sich als ein Standardwerk und unentbehrlicher Referenztitel einen festen Platz in der Geschichte der alttestamentlichen Wissenschaft erobern.

Irsigler geht historisch-genetisch an das Thema heran, beginnt mit den ältesten Texten und hat dabei immer auch im Blick, dass diese selbst noch einmal eine längere Geschichte widerspiegeln. Dieses klassische Handwerk historisch-kritischer Exegese verlangt auf Seiten der Leserschaft ein gewisses Maß an Anstrengung. Doch die Zusammenfassungen und Durchblicke, die der Autor zu Beginn und am Ende der einzelnen Kapitel bietet, erschließen eindrucksvoll die großen Zusammenhänge.

Als ein Beispiel von vielen sei auf die überzeugende Darstellung „Israel auf dem Weg zum Monotheismus“ verwiesen, mit der der zweite Band eröffnet wird. Hier stellt der Verfasser die einzelnen Traditionen und Etappen vor, die von der Alleinverehrung JHWHs zum ausdrücklichen Monotheismus in der Zeit des Exils geführt haben. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung sieht Irsigler in der differenzierten Auseinandersetzung mit altorientalischen Mythen. Im Wechselspiel von Abgrenzung und kritischer Aneignung zeigt sich die von Anfang an im JHWH-Glauben angelegte Dynamik, alle Bereiche der Wirklichkeit zu durchdringen und zugleich die Welt in ihrer Eigenständigkeit freizusetzen. Die Ansicht, dass die Religion Israels in vorexilischer Zeit polytheistisch war, lehnt Irsigler als nicht überzeugend ab. Er geht davon aus, dass Gottesbilder aus Gotteserfahrungen hervorgegangen sind. Sie sind Zeugnisse und Deutungen von Transzendenzerfahrungen.

Die leitende Idee des großen Werkes ist: Die Vielfalt der im Alten Testament bezeugten sprachlich-textlichen Gottesbilder gehört zum Wesen des biblischen Gottes und ist als Reichtum zu erschließen. JHWH geht in keinem seiner Bilder auf, sondern überschreitet ein jedes aus sich selbst heraus und auf andere hin. Erst im Zusammenwirken aller Bilder und in ihrer dynamischen Offenheit wird das Wesen dieses Gottes ansichtig.

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