People think of eternity as a long, long thing. But it’s only a flash of light on a beetle’s wing. Man kann die wunderbare Rhythmik des Englischen im Deutschen nicht wiedergeben: Die Menschen meinen, Ewigkeit sei eine unendlich lange Zeit. Und doch ist es nur das Aufblitzen eines Lichtfunkens auf dem Flügel eines Käfers.
Ich habe den Satz in meinen Studienjahren in Dublin gehört und nie vergessen. Ich habe vergessen und nicht wiederfinden können, welcher Dichter ihn formuliert hat. Aber dieser Satz hat meine Theologie und vor allem meinen Blick auf die Eschatologie, die Lehre von den Letzten Dingen, geprägt. Er hat meinen Blick auf den Moment geschärft.
Und nun sind die Museen wieder geöffnet, und im Passauer Museum Moderner Kunst wird eine Ausstellung der Fotografin Verena von Gagern-Steidle gezeigt. Ich stehe vor einem Bild von Gräsern. Es hat keine Farben außer Schwarz und Weiß. Es kennt nur Licht und Schatten auf diesem unendlich kleinen Ausschnitt der Welt, ein paar Grashalme mit ihren langen schlanken Blättern, die im Spiel des Windes das Licht auffangen und wieder loslassen. Aber auch der Wind ist nicht zu sehen. Das Gras, das die Künstlerin im Jahr 1993 fotografiert hat, ist längst geschnitten, und wer weiß, ob es die Wiese, auf der es stand, heute überhaupt noch gibt.
Aber das Licht gibt es noch. Auf einem anderen Bild verfängt es sich in der weißen Schürze eines Kellners in einem Terrassencafé auf dem Untersberg bei Salzburg. Vermutlich hat es außer der Fotografin niemand so gesehen. Aber es wird ja wiederkommen, an einem anderen Ort. Es ist das Licht, das Regie führt, schreibt die Künstlerin, und das allem anderen Wirklichen das Wort gibt.
„Womit sollen wir das Gottesreich vergleichen?“, fragt Jesus im Markusevangelium. Er beschreibt es in Gleichnissen und verwendet Bilder aus der Natur, aus der unmittelbaren Umgebung der Menschen. Es sind alltägliche Bilder, überall und jederzeit verfügbar, wenn man sie zu sehen vermag. Der Jesus der synoptischen Evangelien scheint den Blick eines Fotografen gehabt zu haben, den Sinn für den Moment und die Gegenwart. Hier entdeckt er das Gottesreich, und man kann sich fragen, ob das nicht ein bisschen wenig ist angesichts der christlichen Hoffnung. Denn Gläubige erwarten doch, dass das Gottesreich ihnen eine Zukunft schenkt, über den Moment und zuletzt auch über den Tod hinaus.
Mit seinen Gleichnissen, die einer hellen Aufmerksamkeit für die Wirklichkeit entspringen, erinnert Jesus an einen alttestamentlichen Weisen, den es vielleicht nie gegeben hat, dessen Worte aber die Ewigkeit auf jedem Käferflügel aufblitzen lassen. „Alles, was Gott tut“, sagt er, „geschieht in Ewigkeit.“ (Koh 3,14)
Das Buch Kohelet ist ebenso wie Jesus überzeugt, dass Gott nicht später, sondern jetzt handelt. Und das bedeutet, dass das Gottesreich nicht später, sondern jetzt beginnt. Das ist nicht nur fromme Poesie, sondern auch eine politische Herausforderung. Denn wenn jeder Moment seine bleibende Gültigkeit in sich trägt, dann ist es nicht gleichgültig, wie wir ihn ergreifen und gestalten, für uns selbst und für andere. Das Gottesreich duldet keinen Aufschub. Es wächst, sagt Jesus. Es lässt sich nicht auf später verschieben. Es hat begonnen und wird jeden Blick und jedes Wort, Erreichtes und Erlittenes in die Ewigkeit eintragen. Denn was die Zeit zu verjagen scheint, fängt Gott wieder in. So sagt es Kohelet, der Prediger der Weisheit.
Jesus sieht im Samen die Frucht, die Fotografin vermag im Lichtreflex den bleibenden Moment zu erkennen. Und mir hat ein Käferflügel gezeigt, dass Ewigkeit nichts zu tun hat mit einer Zeit, die sich in der Endlosigkeit erschöpft. Wenn Jesus recht hat, dann erfüllt sie sich im Gottesreich, und zwar jetzt.