Steh auf!“ – Was für eine markante Zusammenfassung unserer Vollendung im Todesaugenblick, also zu dem Zeitpunkt, der auf unserem Totenschein stehen wird! Wie fassen wir den christlichen Auferstehungsglauben in Worte? Oft genug hören wir – sogar von prominenten Kirchenvertretern – von einem „Geheimnis des Glaubens“, das sich der Vernunft und damit allen Erklärungsversuchen entzieht. Kein Wunder, dass deswegen kein Glaubensinhalt unseres „Credo“ so diffus geworden und mit allen möglichen multireligiösen und esoterischen Inhalten verwässert wurde wie der österliche.
„Gott ist die Liebe ohne Furcht“ – so steht es als Kurzformel unseres christlichen Glaubens in der Bibel. Das irdische Leben wird durch den Tod beendet. Es findet keine Fortsetzung über den Tod hinaus statt, wie der Bischof Franz Kamphaus einmal so treffend formuliert hat. Dennoch behält der Tod nicht das letzte Wort. Es ist dieses irdische Leben, das vom liebenden Gott vollendet und gewandelt wird. „Ewiges Leben“ ohne Raum: Im Himmel ist es nicht „voll und überfüllt“, der Himmel ist nicht „oben“. Und auch ohne Zeit: Im Himmel ist es nicht „langweilig“. Das meint ein Leben in vollkommener Gemeinschaft mit Gott und den Menschen, die das Band der Liebe verbindet.
Und dieser Gott, der mich von Ewigkeit her will und in dessen wundgeliebten Händen mein Name eingeschrieben ist, lässt mich nicht im Todesaugenblick ins Nichts fallen. Nein, dieser in uns bettelarme Geschöpfe verliebte himmelreiche Gott hebt, wie es uns am Beispiel der 12-jährigen Tochter des Jairus offenbart wird, unser aller Leben im Todesaugenblick auf: Er bewahrt (hebt auf), was gut war. Er vergibt und tilgt (hebt auf), was nicht gut und damit Sünde war. Er richtet empor (hebt auf), was mich niederdrückt und meine Würde verdunkelt hat. Paulus benutzt das auch den Kindern wohlvertraute Bild des morgendlichen Aus-dem-Schlaf-Aufgewecktwerdens.
Jesus achtet den Sünder, aber ächtet die Sünde. Unsere Umkehr (die sogenannten „Werke“ in der Rechtfertigungslehre) ist eine Folge dieser vorleistungsfreien Liebe Gottes, nicht aber eine Bedingung dafür, dass er uns annimmt und liebt. Die Bilder einer Höllenstrafe haben hier ihre elende Ursache: Würde sich der Zorn Gottes gegen den Sünder richten, käme dieser zur Bestrafung „in die Hölle“. Weil sich aber Gottes Zorn gegen das richtet, was der Sünder tut, brauchen wir uns vor einer ewigen Verdammnis nicht zu fürchten.
Himmel und Hölle sind keine Alternativen: „Hölle“ meint vielmehr die Freiheit des Menschen, ohne diesen Gott zu leben, und damit einen Selbstausschluss von der Liebe, den Gott „im Himmel“ erträgt – keine Bestrafung. „Gericht“ meint keine Urteilsverkündung im Sinne der Gerechtigkeit, sondern die Erfahrung des Menschen am Ende des Lebensweges, von unserem Schöpfer „aufgerichtet“ zu werden und Vergebung und Vollendung zu erfahren – also die endgültige sakramentale Erfahrung des österlichen Erlöserwortes: Talita kum!
„Fegefeuer“ meint, so Papst Benedikt XVI. in seiner Hoffnungsenzyklika wörtlich, Christus selbst; „die Begegnung mit ihm ist es, die uns umbrennt und freibrennt zum Eigentlichen unserer selbst. Unsere Lebensbauten können sich dabei als leeres Stroh, als bloße Großtuerei erweisen und zusammenfallen. Sein Blick, die Berührung seines Herzens heilt uns in einer gewiss schmerzlichen Wandlung, wie durch Feuer hindurch. Aber es ist ein seliger Schmerz, in dem die heilige Macht seiner Liebe uns brennend durchdringt, so dass wir endlich ganz wir selber und dadurch ganz Gottes werden.“
Mein persönlicher Osterglaube lautet also: „Talita kum! Du, Gott, bist die Liebe ohne Furcht. Du hast unsere geliebten Verstorbenen in ihrem Todesaugenblick aufgeweckt und in unendlicher Liebe vollendet; ich werde sie im Himmel wiedersehen, wenn ich einst das Zeitliche segnen werde. Jesus lebt, mit ihm auch ich! Halleluja!“