Reform-DebatteVorbild deutsche Kirche

Wollte man das Verhältnis der katholischen Gläubigen in Deutschland zu ihrer Kirche beschreiben, dann vielleicht mit dem Beziehungsstatus: „Es ist kompliziert“ – zum Beispiel mit unserem Synodalen Weg. Doch Stimmen aus dem Ausland machen Mut.

Muss man so pessimistisch sein wie der Kirchenrechtler Norbert Lüdecke? Er hält den Synodalen Weg für ein „Stimmrechts-Placebo“, um die Wogen vorerst wieder etwas zu glätten, um ein wenig wohlige Communio-Atmosphäre in einer eigentlich unreformierbaren Kirche zu schaffen, die rein rechtlich nach wie vor streng hierarchisch-monarchisch ist.

Im deutschen Original

So muss man es nicht sehen, vielmehr braucht es Langmut und Optimismus. Den weltweiten Synodalen Prozess, den Papst Franziskus bekanntlich anvisiert, kann man auch als Aufwertung und grundsätzliche Bestätigung des deutschen Reformgesprächs deuten. Die Erfahrungen aus Deutschland und anderen nationalen Zukunftsprojekten, wie in Irland beim Synodal Pathway, werden dort einfließen können. Nebenbei zeigt unter anderem Irland, dass der Dialog zwischen Bischöfen und Laien auf lokaler Ebene längst nicht überall als potenzielles Abdriften ins Schisma beargwöhnt wird – wie es etwa in Polen und den USA teils der Fall ist.

Dagegen gibt es Hoffnung, dass ein Priesteramtskandidat aus dem Inselstaat Samoa Deutsch lernen will mit folgender Begründung: „Ich interessiere mich sehr für den Synodalen Prozess der katholischen Kirche in Deutschland, der neue Wege für die lokalen Kirchen und die universale Kirche diskutiert. Die Debatten möchte ich im Original verstehen können.“ Das berichtet das Hilfswerk Missio Aachen von einem internationalen Kurs für junge Theologen über die deutsche Sprache und Kultur.

Interesse am Staat-Kirche-System

Das Lehr-Angebot für Seminaristen aus zehn Ländern, die in Rom studieren, brachte noch mehr Erhellendes: Dogmatik, biblische Theologie und Pastoraltheologie waren bei dem Kurs laut der Missio-Pressestelle die „meistgenannten Fächer, von denen die zukünftigen Priester glauben, dass ihnen die Lektüre deutschsprachiger Theologie im Original theologische Innovation ermöglicht“. Auch fürs Kirchenrecht sei Deutsch unerlässlich, meinte ein Student aus Osttimor, weil laut seinen Lehrern die „besten und systematischsten“ Kommentare dazu in dieser Sprache verfasst seien. Und ein Student aus dem christlichen Südsudan erhofft sich für sein vom Bürgerkrieg geschütteltes Land, das dieses Jahr zehn Jahre alt wird, Impulse aus dem deutschen Staat-Kirche-Verhältnis. „Ich persönlich bin überzeugt von der Art und Weise, wie in Deutschland Kirche und Staat zum Wohl der Menschen zusammenarbeiten.“

Muss die Welt also am deutschen (Kirchen-)Wesen genesen? Das ganz sicher nicht. Weniger Verbitterung und stattdessen etwas mehr Zuversicht täten uns allerdings gut.

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