Machen Kleider Priester?
Zum Beitrag über die Klerikerkleidung (vgl. CIG Nr. 33, S. 3) möchte ich ergänzen, dass der CIG bereits vor vielen Jahren an ein Papstwort zu dem Thema erinnert hat: „Wir haben uns von der Masse und von den anderen durch Glaubenswissen, nicht durch Kleidung zu unterscheiden, durch christliches Leben und nicht durch äußerliches Gehabe, durch innere Haltung und nicht Beachtung von Äußerlichkeiten.“ Mit diesen Worten verurteilte ein Papst die „modische Torheit“ des Talar-Tragens, die von der eigentlichen Priesteraufgabe ablenke. Der Papst war Coelestin I., sein Hirtenwort stammt aus dem Jahr 428.
Die Kleiderfrage war also wohl schon in alter Zeit ein heißes Thema. Es kommt auf die Unterscheidung der Geister an und auf die persönliche Prüfung, ob nicht klerikale Eitelkeit und überholtes Ständedenken im Spiel sind.
Prälat Hans Lindenberger, München
Ich gehöre zu der Generation, deren Kirchenbild und Engagement wesentlich durch Priester geprägt sind, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil bewegt waren. Diese Geistlichen haben in der Regel keinen Kollar im Alltag getragen, um sich äußerlich nicht zu sehr von den Gliedern des Volkes Gottes abzugrenzen.
Ich habe jedoch auch gelernt, diejenigen, welche sich mit Priesterkleidung deutlich kenntlich machen, nicht automatisch in die Schublade „klerikal“ einzuordnen – sondern auf den konkreten Menschen und sein Verhalten zu achten.
Dr. Anna Hennersperger, Passau
Der letzte Satz des Artikels, wonach Kollar-Tragen im besten Sinne Demut produziert, mag auf edlere Priesterseelen als meine zutreffen. In mir hat es, ehrlich betrachtet, auch Eitelkeit und Hochmut generiert. Ich trage deshalb den Kollar nur noch zu offiziellen kirchlichen Feiern. Ansonsten habe ich im Sinne der Bergpredigt – „Was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien des Feldes“ (Mt 6,28) – die Kleidersorge entsorgt.
Pfarrer Albert Dexelmann, Lahnstein
Es ist bedauerlich, wenn Priester und Ordensleute aus dem Blickfeld des öffentlichen Lebens rücken. Als Ordensfrau bin ich eindeutig am Schleier erkennbar. Und ich staune, wie viel Respekt, Wohlwollen und Vertrauen mir entgegengebracht werden. Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, werde ich oft von Menschen angesprochen, die sich in einer Not befinden, die eine gescheiterte Beziehung hinter sich haben, die um ihren Glauben ringen, die nach Sinn in ihrem Leben suchen oder die sich mit Dankbarkeit an ihre Schulzeit in einer unserer Einrichtungen erinnern. Da entwickeln sich oft wunderbare Gespräche, in denen ich einen Rat geben kann und Zeugnis ablegen darf für meinen Glauben. Viele zeigen sich dankbar für das Versprechen eines Gebets. Würde ich Zivilkleidung tragen, hätte ich vermutlich all diese Chancen nicht. Für mich ist auch das „City-Seelsorge“.
Schwester M. Talida Rieder, München
Voneinander wissen
Ein einzelner Gedenktag für Opfer von Gewalt aufgrund von Religion (vgl. CIG Nr. 34, S. 6) ist zu wenig. Ebenso ist es zu wenig, wenn man sich allein auf die Verteidigung eigener religiöser Freiheiten konzentriert – und den religiösen Dialog mit Nachbarn außer Acht lässt.
Wenn immer noch zu wenig Frieden zwischen Religionen und Konfessionen zu spüren ist, dann liegt das vor allem an Unwissenheit und Vorurteilen. Leider aber ist zum Beispiel immer noch der konfessionelle Religionsunterricht vorherrschend, zumeist sogar über die gesamte Schulkarriere hinweg. Zumindest ein Jahr lang sollte ein interreligiöser Unterricht für alle verpflichtend sein, um Missverständnisse und Gedankenlosigkeit nicht weiter wuchern zu lassen. Nur wenn die Religionen miteinander in Frieden leben, wird es auch in unserer zerütteten Welt mehr Frieden geben.
Simon Kirschner, Gaimersheim
Mystik im Alltag
Es drängt mich, Gotthard Fuchs für seine wöchentlichen Impulse in der Reihe „Wege und Welten“ von Herzen einmal Danke zu sagen. Diese Rubrik ist so weit im Denken wie im Heranführen an Literatur wie tief im genuin geistlichen Sinn.
Wie sehr habe ich mich etwa gefreut über den Beitrag „Täglich ein Gedicht“ (CIG Nr. 28, S. 4) und den darin zitierten Giuseppe Ungaretti mit seinem genialen Mattina. Oder über „Der vergessene Zeuge“ (CIG Nr. 25, S. 4) mit den Worten von Teilhard de Chardin. Er ist ja geradezu brennend aktuell mit seiner persönlichen Gewissensfrage, wonach man bisweilen versucht ist, kirchlich „alles fallen zu lassen“. Teilhard dann aber zu folgen, wie er darlegt, warum er genau das nicht tut („Ich glaube, dass die Kirche noch ein Kind ist. Christus, von dem sie lebt, ist unendlich größer, als sie sich ihn vorstellt.“) – solche Hinweise großer und weiter Denker tun uns Christen heute not! Endlich einmal etwas, das nicht aus der moralisierenden kirchlichen Klamottenkiste kommt, sondern Schwarzbrot für die Seele ist. Solche Beiträge weiten den Horizont und führen in die Tiefe.
Pfarrer Claudius Stoffel, Gailingen
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