So viel Synodalität war noch nie: Da ist zum einen der offizielle Synodale Weg, dessen Mitglieder Ende des Monats in Frankfurt zusammenkommen. Bei der Vollversammlung wollen sie in Erster Lesung über konkrete Textvorschläge beraten (vgl. CIG Nr. 36, S. 3/4). Zum anderen hat der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer soeben die Internetseite www.synodale-beitraege.de an den Start gebracht. Außerdem hat der Vatikan das Vorbereitungsdokument für den weltweiten synodalen Prozess im Vorfeld der nächsten Bischofssynode veröffentlicht.
Reformieren und bewahren
Nun beansprucht zwar jeder dieser Prozesse das Wort „synodal“ für sich. Aber klar ist auch, dass die jeweiligen Akteure darunter ganz Unterschiedliches verstehen. Die große Mehrheit beim Synodalen Weg geht davon aus, dass die Kirche Lehren aus den systemischen Ursachen des sexuellen Missbrauchs ziehen und sich grundlegend reformieren muss. Sie fordert eine „Neubesinnung auf das Evangelium der Freiheit, das dem Glauben Kraft gibt und unter den Bedingungen der heutigen Zeit neu entdeckt werden muss“. So hat es der Theologe und CIG-Autor Thomas Söding zusammen mit ZdK-Mitglied Johannes Norpoth formuliert.
Konservativen Kreisen geht das viel zu weit. Sie haben die Sorge, die Kirche würde ihren Wesenskern verlieren, wenn sie sich zu sehr verändert und etwa demokratischer werden würde. Mit der Voderholzer-Initiative arbeitet diese Fraktion jetzt an einer größeren Gegenöffentlichkeit.
Wer hat die ganze Wahrheit?
Und Papst Franziskus? Steht vermutlich irgendwo dazwischen und versucht, beide Seiten zu verstehen und beieinanderzuhalten. Ganz genau weiß man es nicht, seine Signale sind nicht immer eindeutig – und werden von jeder Seite mit der entsprechenden „Brille“ gelesen. Will der Papst den deutschen Synodalen Weg weltkirchlich einhegen? Oder stellt er ihn gerade als Beispiel dafür heraus, wie er sich die Kirche wünscht?
Dass jetzt, wo es langsam ernst wird mit dem deutschen Reformprojekt, die verschiedenen Positionen klarer hervortreten, ist an sich kein Fehler. Es geht ja wirklich um etwas, und da muss deutlich sein, wer wie und warum genau so argumentiert. Zudem sind wohl alle mit Herzblut dabei.
Gerade deshalb sollten die Schärfen in der Debatte vermieden werden. Wenn man sich gegenseitig schwache Theologie und schlechten Stil vorwirft, einander der Polemik und des Populismus bezichtigt, dann ist das gerade kein Streit in der Sache, keine Suche nach der Wahrheit. Apropos: „Was wahr ist, bleibt wahr“, hat Bischof Voderholzer gesagt, um seinen Vorstoß zu begründen. Solche Gewissheit in Ehren. Aber muss man Gott nicht zutrauen, dass er auch anderen Anteil an der Wahrheit gibt?