CoronamaßnahmenHilft eine Impfpflicht?

An diesem Mittwoch hat in Frankreich eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen begonnen. Das befeuert auch bei uns die Debatte neu.

Seit diesem Mittwoch wird in Frankreichs Gesundheitseinrichtungen streng kontrolliert: Arbeitgeber, Krankenkassen und Behörden prüfen, ob Mitarbeiter mindestens einmal geimpft sind. Falls nicht, droht zunächst unbezahlter Urlaub. Wer bei einer zweiten Prüfung noch immer ungeimpft ist, kann sogar entlassen werden.

Hilft eine Impfpflicht auf dem Weg zur erforderlichen Herdenimmunität von 80 oder 85 Prozent, zumindest bei bestimmten Berufsgruppen? Das ist eine Debatte, die auch bei uns intensiv geführt wird, gerade auch vor der anstehenden Bundestagswahl (Baerbock ist dafür, Laschet und Scholz sind dagegen). Natürlich ist es verlockend, sich ganz schnell auf die eine oder andere Seite zu schlagen: Ich bin dafür, weil wir dann schneller die Pandemie loswerden. Ich bin dagegen, weil damit die Freiheitsrechte des Einzelnen beeinträchtigt werden. Doch so einfach ist es nicht.

Andere Länder machen es vor

Von einer Impfpflicht erwarten sich die Befürworter das schnellere Erreichen der Herdenimmunität und damit das Ende der quälenden Pandemie. Das würde voraussetzen, dass ein vollständig Geimpfter nicht nur sich selbst schützt, sondern vor allem auch für andere nicht mehr ansteckend ist. Das trifft jedoch nicht zu. Auch ein Immunisierter kann das Virus bekommen, in sich tragen und weiter infektiös sein – vor allem bei der aktuell grassierenden Delta-Variante. Wenn also der Hauptnutzen der Impfung der individuelle Schutz ist, dann muss sie auch Privatsache bleiben. Nicht zu rauchen, nicht übermäßig zu trinken und sich gesund zu ernähren, wird schließlich auch nicht staatlich verordnet.

Eine Impfpflicht verletzt meine individuellen Freiheitsrechte, das sagen die Gegner. Hier lehnte aber das Bundesverfassungsgericht im Mai Klagen in einem Eilverfahren mit dem Argument ab, dass eine Impfung auch eine weitere Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung verhindern könne. Damit werden individuelle Freiheitsrechte gegen den Schutz der Bevölkerung abgewogen. Hinzu kommt: In etlichen westlichen Demokratien – nicht nur in Frankreich, sondern auch den USA oder Griechenland zum Beispiel – werden gerade Impfpflichten eingeführt. Es geht also.

Nur noch eine Zeitfrage?

Vermutlich lässt sich das Thema ganz pragmatisch aussitzen, ohne unsere ohnehin strapazierte Gesellschaft weiter zu spalten: Der steigende soziale Druck durch schärfere 2-G-Regeln in nahezu allen Lebensbereichen und der Beginn der Impfung der ab 12-Jährigen wird die Impfquote im Herbst voraussichtlich ohnehin schneller anwachsen lassen. Und vor einer eventuellen Entscheidung über eine Impfpflicht wird bei uns erstmal gewählt, verhandelt, koaliert und dann mit dem Regieren begonnen. Bis das so weit ist, könnte die Herdenimmunität bereits erreicht sein.

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