"Angstindex 2021"Unsere Ängste

Wovor fürchten sich die Deutschen? Das wird jedes Jahr im sogenannten "Angstindex" abgefragt. Dieses Jahr überraschen die Ergebnisse. Im zweiten Pandemiejahr sind die Befragten so furchtlos wie lange nicht.

Das ist eine Überraschung: Der „Angstindex“ in Deutschland ist derzeit so niedrig wie seit 30 Jahren nicht. So jedenfalls lautet das zentrale Ergebnis einer alljährlich von der „R + V Versicherung“ finanzierten Studie, deren aktuelle Auswertung jetzt vorliegt. Dass wir uns immer noch in der Pandemie befinden, dass sich eine vierte Welle aufbaut, lässt die Menschen demnach weitgehend kalt. Nur jeder Dritte hat laut der Untersuchung Angst, an Corona zu erkranken. Das ist Platz 14 aller geäußerten Ängste, und das, obwohl die Seuche nach wie vor die Schlagzeilen (und unseren Alltag) beherrscht. Deutlich mehr Leute haben Angst vor Ausländern und Schadstoffen in der Nahrung. Was Corona angeht, seien die Menschen vielleicht etwas „überoptimistisch“, kommentiert der Heidelberger Politikwissenschaftler Manfred Schmidt die Erhebung.

Nun könnte man grundsätzlich fragen, ob „Angst“ überhaupt die zutreffende Kategorie für diese Themen ist. Gerade wenn man auf die Top Drei der genannten Sachverhalte schaut: dass nach Corona die Steuern erhöht werden müssen (Platz 1 im „Angstindex“), dass allgemein die Lebenshaltungskosten steigen (Platz 2) und dass wir zu viel Geld an andere Länder in Europa zahlen (Platz 3). Das sind womöglich eher begründete Sorgen als übersteigerte oder gar irrationale Ängste.

Wenn man aber in dieser Kategorie bleibt, könnte man dagegenhalten, dass wir Christen ja eigentlich um das beste Gegenmittel gegen Angst wissen könnten. Kaum eine andere Botschaft ist in den biblischen Texten so vorherrschend wie der Aufruf „Fürchtet euch nicht“. Und worauf zielt das heute? „Hinter den vielgesichtigen Ängsten steht letztlich die Angst vor der Endlichkeit, der Vergeblichkeit, dem bleibenden Tod“, hat Paul Zulehner unlängst geschrieben. Ängste könnten „entsolidarisieren“, uns gegeneinander aufbringen. „Wer aber aus dem Evangelium die Hoffnung schöpfen kann, dass nicht der Tod, sondern die Liebe (also Gott) das letzte Wort hat, dessen Ängste können im Umkreis dieser Hoffnung nach und nach geheilt werden.“

Glauben wir das heute noch? Oder ist das, was von unserem Christsein übriggeblieben ist, manchmal eher oberflächlich, verweichlicht? Das hat Papst Franziskus bei seinem Besuch in der Slowakei gefragt. Eine Frage an uns alle.

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