Seit Jahrzehnten setzt sich Václav Malý für die Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen ein, auch bei Vertretern der Sudetendeutschen. Die tschechische Regierung forderte er mit dem Aufruf „Versöhnung 95“ zu einem Dialog mit den Vertriebenen auf. Malý sei eine moralische Instanz in Tschechien, die sich nicht scheue, umstrittene Themen zu thematisieren und sich auch international für Demokratie, Toleranz und Meinungsfreiheit einzusetzen, heißt es zur Begründung für die Auszeichnung.
Visionär der Wende
Der junge Priester Malý hatte als einer der Ersten die Charta 77 für die Menschenrechte unterzeichnet. Das kommunistische Regime entzog ihm deshalb die „Lizenz“, als Priester zu amtieren. Stattdessen musste er „Strafarbeit“ als Heizer und Toilettenreiniger leisten. Dennoch hat er im Geheimen als Seelsorger gewirkt, in Wohnungen Eucharistie gefeiert. Über zweihundert Mal hat ihn die Staatsmacht festgenommen, verhört, misshandelt und in Wochenendarrest geschickt. Monatelang war er in einer engen Zelle mit drei Mördern eingekerkert. 1989 wurde er Václav Havels rechte Hand und zum Moderator der Massen während der „Samtenen Revolution“. Vor einer Million Demonstranten betete er mit der Bitte um Versöhnung das „Vater unser“, weil jeder in der Diktatur schuldig geworden sei, durch Mittun, Wegschauen oder Schweigen.
Der deutsche Botschafter in Prag, Andreas Künne, hob jetzt in seiner Laudatio hervor, dass Malý bereits 1985 im sogenannten Prager Appell „revolutionär war, weil er das Recht der Deutschen auf Wiedervereinigung zu einer Zeit thematisierte, als in der Bundesrepublik selbst kaum noch jemand an die Wiedervereinigung glaubte“.
Die Wahrheit des Anderen
Nach der Wende hat der Priester Malý die tschechische Regierung zu direkten Gesprächen mit den Sudetendeutschen aufgefordert. Und den Vertriebenen hat er „Versöhnung“ gepredigt. Die Vertreibung der Sudetendeutschen nannte er nicht beschönigend Transport – tschechisch „odsun“ –, sondern Vertreibung. Sein Wahlspruch als Weihbischof in Prag lautet: Pokora a Prawda, Demut und Wahrheit. Weihbischof Malý sagt: „Weltanschauungen sind wichtig, aber ebenso wichtig ist, zu bedenken, dass auch der andere eine Wahrheit haben kann“. Das habe er in Zeiten der Diktatur gelernt und das sei für ihn eine Lehre in seinem Amt als Bischof. Ein Satz wie für die heutige Auseinandersetzung um den rechten „Synodalen Weg“ formuliert.
Bundesverdienstkreuz für Vaclav Maly