Man kann die Rede zur Lage der Europäischen Union (State of the Union) als jährlichen Pflichttermin im europäischen Kalender abtun, als bloßes Symbol, das letztlich wirkungslos verpufft. Vielleicht ist es ja tatsächlich auch nicht mehr. Aber man kann die Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen auch beim Wort nehmen. Ich finde, genau das sollten wir tun, gerade wenn sie ankündigt, über „die Seele Europas“ zu sprechen.
Was also hat sie jetzt als diesen Kern, dieses Ideal ausgemacht? Von der Leyen verweist auf die hohe Impfquote gegen Corona, auf die robusten Volkswirtschaften, auf das große Bewusstsein für den Klimaschutz. Und am Schluss stellt sie noch eine Goldmedaillengewinnerin der Paralympischen Spiele ins Rampenlicht – als Beispiel für eine „unerschütterliche positive Einstellung“.
Für sich genommen ist das alles nicht schlecht. Es ist sogar sehr gut. Aber ist das schon ein ethisches Fundament, eine „Seele“? Europa, woran glaubst du (noch)?