Vieles in der Bibel sei zu brutal für Kinder, heißt es manchmal. Doch sollte man ihnen auch diese Stellen nicht vorenthalten.
Gott schickt schreckliche Plagen nach Ägypten, David schlägt Goliath den Kopf ab und König Herodes lässt zahllose Neugeborene ermorden – wäre die Bibel ein Film, wären viele Passagen definitiv nicht für Kinder freigegeben. Aber sind die biblischen Geschichten wirklich zu brutal, um sie kleinen Kindern zu erzählen? Für den Münchner Theologen Ulrich Schwab machen gerade diese düsteren Stellen den Reiz aus. „Kinder lieben biblische Geschichten“, sagte er der evangelischen Wochenzeitung „Glaube + Heimat“. Auch weil „oft furchtbare Dingen beschrieben werden, Dinge, über die man mit ihnen ansonsten nicht redet“. In der Bibel würden menschliche Erfahrungen verarbeitet, „von denen Kinder aus ihrem Alltag zumindest ansatzweise wissen“. Und in den meisten Fällen würden sie zu einem guten Ende geführt. „Denn Gott ist ja da, nimmt sich der Sache an.“ So könnten die Zuhörer auch aus den brutalsten Erzählungen Zuversicht schöpfen.
Die Erkenntnis, dass Kinder biblische Geschichten auf ihr eigenes Leben beziehen, hat dabei direkte Auswirkungen auf die Form des Religionsunterrichts. „Man dachte früher, wenn alle das gleiche Buch auswendig lernen, vermittelt sich auch der Glaube auf die gleiche Weise“, so Ulrich Schwab. Heute sehe man das anders. Es komme nicht nur darauf an, dass das Kind etwas lernt, „sondern, dass es das Gelernte versteht“. Guter Religionsunterricht und ein christliches Elternhaus könnten hier wichtige Grundlagen schaffen. Doch garantieren, dass aus den Kindern gläubige Christen werden – das geht nicht. „Glaube ist etwas Unverfügbares. Ob er entsteht, liegt nicht in der Hand der Erwachsenen.“ Simon Lukas