2873 Tage – jetzt ist Franziskus genauso lange Papst, wie es Benedikt XVI. war. Dieser wiederum befindet sich nun länger im Ruhestand, als er im Amt war. Der Journalist Heribert Prantl nimmt diese Daten zum Anlass, die beiden Männer zu vergleichen. „Unterschiedlichere Charaktere kann man sich kaum vorstellen“, schreibt er in der „Süddeutschen Zeitung“: „der eine ein gelehrter, vergeistigter und ängstlicher Kirchenvater, der andere ein zupackend-lebensfroher, ein charismatischer und reformerischer Mensch.“
Einen „heiligen Rebell“ nennt Prantl den Papst aus Argentinien. Wenn er an Franziskus denke, falle ihm die biblische Szene der Tempelreinigung ein. Dieser Papst wettere gegen den globalen Kapitalismus und gehe entschieden gegen dubiose Finanzgeschäfte im Vatikan vor. Auch wenn es um solidarische Ökonomie und Ökologie gehe, sei Franziskus von bewundernswerter Radikalität. Hier unterscheide er sich gewaltig von seinem Vorgänger, mit dem man so etwas wie die Tempelreinigung „nie und nimmer in Verbindung bringen“ würde.
Zurückhaltender fällt das Lob für Franziskus hinsichtlich der nötigen innerkirchlichen Reformen aus. Dabei „fehlt ihm die Verve“. Immerhin lasse er Themen intensiv diskutieren. Dass er oft nur Andeutungen mache und wenig anordne, sieht Heribert Prantl positiv. „Franziskus hat die Fragen nicht mit einem Machtwort beantwortet, auch weil er so klug ist, zu wissen, dass Machtworte oft nur ein Zeichen von realer Ohnmacht sind, und weil das Kirchenschiff einem Ozeankreuzer gleicht, den man nicht steuern kann wie ein Ruderboot.“