Die Identität der Kirche: Geistlicher Treibstoff

Mutter Teresa hat auf die Frage, was sich an der Kirche ändern soll, geantwortet: Sie und ich. Und genau hier liegt auch die Wegweisung. Das weit verbreitete Schimpfen auf die Kirche hilft nicht und reduziert die Kirche auf irgendeine Art religiösen Verein. Kirche sind wir alle. Und von Gott erzählen und an ihn erinnern sollten wir alle. Unser Glaube kann nur auf Basis einer Erinnerungs- und Erzählgemeinschaft existieren und sich immer wieder erneuern. Die immer wieder vorgetragenen, einseitigen Reformvorschläge (Zölibat, Frauenpriestertum u.s.w.) werden die Kirchen nicht füllen - siehe evangelische Kirche. Und nur mit dem Finger auf den Papst, Bischöfe etc. zu zeigen, ist kein Weg in eine neue Zukunft des Christentums.

Vorbild für uns ist Jesus, der sich den Menschen zugewendet hat, sich unter die Menschen mischte, die Menschen heilte und ihnen Wege in eine neue Zukunft zeigte. Und dabei ist es nicht entscheidend, ob jemand Theologie studiert hat. Meine Oma hat nicht studiert, sie hat mir aber viel von ihrem Leben mit Gott und der Gottesmutter erzählt. Als erwachsener Mann und Familienvater erinnerte ich mich an diese Lebenszeugnisse und diese haben mir meine Beziehung zu Gott erneuert und gestärkt. Wir haben uns als Ehepaar und Familie bewußt auf die Suche nach Quellen in unserer Kirche begeben, um uns die Nahrung zu holen, die wir für unser Leben aus dem Glauben heraus benötigten. Darunter waren auch viele Laien.

Wer immer noch das Bild von der alten Volkskirche gespickt mit ein paar Reformen als Vorbild vor sich hat, findet den Weg in die neue Zukunft unserer Glaubensgemeinschaft nicht. Das „Bodenpersonal“ in unserer Kirche ist geprägt von unserer gesellschaftlichen Entwicklung in den letzten Jahrzehnten. Das andauerende Nörgeln am IST-Zustand ist deshalb keine gute Basis für Erneuerung. Was soll sich ändern? Sie und ich – und da ist viel Wahres dran. Fangen wir alle bei uns selbst und in unserem persönlichen Umfeld an. Oder gemäß Papst-Zitat: „Die Kirche ist kein Käfig für den Heiligen Geist; der will raus und draußen wirken.“

Boris Johnson hat gedacht, er braucht die EU nicht und hindert außerdem osteuropäische LKW-Fahrer weiter ihre Dienste für das Vereinigte Königreich zu erbrin-gen. Er wird diese Krise politisch nicht überleben. Unsere Kirche möchte immer noch möglichst wenig mit Laien zu tun haben und will Theologinnen nur bis zum "Stopschild Weihe" zum Dienst in der Kirche zulassen. Mindestens 2 Generationen gut ausgebildeter und hochmotivierter Frauen haben wir schon verloren. Wenn das so weiter geht und außerdem jede auch noch so kleine Veränderung in Richtung dringend notweniger Reformen von einigen stockkonservativen Bischöfen im Keim erstickt werden, dürften die leitenden Kirchenmänner bald vor leeren Bänken ihre Pontifikalgottesdienste feiern.

Die gezeigten Kommentare gefallen mir. Ich vermisse die konkreten mutigen Stellungnahmen der "Kirche". Die Priester müssen sich, bevor sie etwas sagen, das Placet beim Bischof holen. Jede Äußerung von einem 'allgemeinen' Priester wird sofort in den sozialen Medien (was ist daran noch sozial?) kritisch angefeindet. Solange es kein respektvolles Zuhören gibt, wird sich nichts bessern.

Kirche muss untergehen, wenn sie es nicht schafft, ihre Existenz auf das eine und, wie ich denke, ewige Fundament zu stellen. Das aber ist keine Ethik, sondern Jesus, der Christus. Sein Kreuz ist die Mitte der Predigt, wie es Paulus, so unübertroffen schrieb. Seine Auferstehung ist die Hoffnung, die jedem Menschen gilt, der das annehmen möchte.
Ich weiß, dass viele Menschen, die genau das verkündigen sollten, Angst haben. Sie haben Angst, sich heute damit lächerlich zu machen. Sie haben Angst, unmodern zu sein und nicht bei den Menschen "anzukommen".
Die verfasste Kirche tut nicht viel, ihnen zu helfen, diese Angst zu überwinden.
Aber es stimmt, dass allein Christus Weg, Wahrheit und Leben ist. Und - er ist, mit seinem Kreuz, das uns Gnade wirkt und seiner Auferstehung, die uns über das, was uns hier hält, hinausweist, alles, was wir brauchen - im Leben und im Sterben.
Die Menschen, so, wie ich sie in den Jahren meines Dienstes kennen gelernt habe, suchen diese Hoffnung, die damit verbunden ist. Ihnen zu sagen, dass sie nichts müssen, als diesem Wunder zu vertrauen, sollte doch nicht zu schwer sein. Man braucht dafür nicht viel. Man braucht keine Soziologen, keine Psychologen, keine Ethiker. Nur Gottes Wort, wie es uns in den Schriften des alten und des Neuen Bundes überliefert ist und das eigene Vertrauen in Gottes Heiligen Geist, der demjenigen, der ihm vertraut und sich ihm zugehörig weiß, immer hilft, die Worte zu finden, um zu trösten, aufzurichten, Wege zu weisen.
Gert Flessing

Lieber Herr Stiegelmeyr,

als es noch den lieben Gott gab, konnte man alle Ungemach auf ihn schieben. Wie wir alle wissen, ist Gott inzwischen für tot erklärt worden. Also brauchen wir einen anderen Sündenbock. Da gibt es zum Glück einiges. Das System, die Politik, die Gesellschaft. Und für uns Katholiken natürlich wahlweise "die Kirche", "der Klerus", "die Institution".

Ich denke, für unser Seelenheil sind wir ganz allein verantwortlich. Um es ganz banal auszudrücken: Wenn mein Gott und Vater mich einmal fragen sollte, wie es um meinen mageren sonntäglichen Gottesdienstbesuch, um meine nicht vorhandene Beichtpraxis u.s.w. gestanden habe, befürchte ich, mich nicht mit dem Argument exkulpieren zu können, "die Kirche" wäre dafür verantwortlich, weil sie nicht in der Lage war, die göttliche Weisheit "garantiefähig" rüberzubringen.

Also ein bisschen mehr eigene Anstrengung, wäre mein Rat, wenn es um das eigene Seelenheil geht.

Die Analogie (Lastwagenfahrer-Theologen und Sprit-geistlicher Treibstoff) hinkt an einer entscheidenden Stelle. Es geht m.E. nicht primär um fehlende Geistesmittler - zumal in einer Zeit des medialen Multiplikatoreneffekts der sozialen Netzwerke. Vielmehr mangelt es an Vertrauen in eine Institution, die dieses Vertrauen im Laufe ihrer Geschichte absolut verspielt hat - und das nicht einmal in erster Linie wegen der typisch menschlichen Missbrauchsfälle.

Wo göttliches Heil und seelische Erlösung nicht glaubwürdig als von Gott kommend garantiefähig gemacht werden, wo göttliche Wahrheiten nicht mehr in der Lage sind, im Leben UND im Sterben zu tragen, weil u.a. die Zukunft der jenseitigen Welt zu einem kirchlichen Utopia verkam, wo Kirche sich hinter frommen Appellen versteckt, wenn es um soziales, wirtschaftliches oder politisches Unrecht geht, usw., usw. ...,
... da kann nicht wirklich erwartet werden, dass denkende Menschen noch Interesse zeigen, geschweige denn Vertrauen aufbauen können.

Die Kirche, so scheint mir, wähnt sich in der Sysiphusaufgabe, Brücken bauen zu müssen zu Gestaden, die längst verlassen sind. Die große, verbindende Erzählung - braucht es die wirklich? Der Christus war da ganz schlicht und sprach: "Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir Menschen für Gott gewinnt, der führt sie in die Irre"-