Ein äußerlich schmales Buch mit freilich dichten Kurztexten – wie ein Baum, dessen Wurzeln tief zu den Quellen hinunterreichen und der langsam und stetig gewachsen ist. Sein Holz hat den Jahreszeiten und unterschiedlichen Wettersituationen standgehalten. Echtholz ist es: fest und zugleich elastisch, es zerbricht nicht leicht. Deshalb ist es zuverlässig und belastbar.
Genau von dieser Art sind diese verblüffenden „Mut-Proben“. Im Dialog entstanden, wird das Wortfeld „Mut“ in 42 Verbindungen von A (wie Almut) bis Z (wie Zumutung) durchbuchstabiert. Da gibt es Namen (zum Beispiel Helmut) und Alltagswörter (wie Hochmut oder Schwermut). Die Reflexionen bekommen ihr Gewicht sowohl von der Auslotung biblischer Zusammenhänge als auch von philosophischen, therapeutischen und theologischen Kurzausflügen, die geistig-geistliches Hinterland eröffnen. Im Nachhorchen fast vergessener Wörter (etwa Gemüt) erschließen sich ganze Lebensräume, die zur inneren Kraft hinführen, in vielen Schritten und Gesten den Mut wecken, lebenslang zu lernen.
Angst, die gebetet hat
Mut als Mitte zwischen Kleinmut und Hochmut führt in die Integrität des Lebens, das seine Wunden und Narben nicht verleugnet. Demut, Leitwort früherer Spiritualität, bekommt im Kontext kapitalistischer Verhältnisse und ökologischer Nöte wieder orientierende Aktualität. Die um das Kernwort „Mut“ entstandenen Komposita sind wie Äste und Zweige, die ihre Früchte anbieten. Dazu gehören auch wunderbare Zitate („Mut ist Angst, die gebetet hat“).
Die reichhaltigen Texte laden auch abschnittweise zum Meditieren ein. Die Reflexion von Alltagserfahrungen gibt den Blick auf Lebensbögen frei, führt aus Sackgassen heraus, eröffnet Sinnlinien der gesamten Bibel und des eigenen Lebens. Verbreitete Missverständnisse werden abgearbeitet, Entdeckungsreisen angestoßen, gegenwärtige Tendenzen und Situationen im Licht eines Schriftwortes beleuchtet. Dabei ist der dialogische Doppelblick aus evangelischer und katholischer Perspektive besonders bereichernd.
Mut als Herzenssache
Die Sprache ist lebensnah und unverstellt, originell, nicht selten humorvoll. Gerade dadurch führt sie unter die Oberfläche. Sie geleitet aus ratlosen Stereotypen und Verengungen heraus. Das verrät echte Meisterschaft. Diese Art von Spiritualität ist aus einem Holz geschnitzt, das Mut als Herzenssache ausweist. Ihr Grund ist nicht das „Gewohnheitsherz“, sondern das „Überraschungsherz“, wie es Martin Buber genannt hat. Diese Spiritualität zeigt sich als beherzte Offenheit für Gegenwart und Zukunft. So sind die „Mut-Proben“ ausgesprochen ermutigend.