Der RebellChristusfreundschaft

Religion soll gut sein vor allem für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ein Missverständnis.

Wenig bis nichts wissen wir historisch über die Jesus-Anfänge, sein Erwachsenwerden, sein Heranreifen bis zu seiner Berufung mit göttlichem Sendungsanspruch. Daher erfindet der Mythos da viel. Bibelwissenschaftler sagen, dass Jesus wahrscheinlich nur ein bis zwei Jahre öffentlich aufgetreten ist. Dabei hat er heftig Anstoß erregt und Widerstand hervorgerufen. Rebellisch war er nicht nur gegenüber seiner Familie, sondern mehr noch gegenüber seiner angestammten Religion und deren Lehramt. Während diese Seite des Jesus-Provokateurs, sein Bruch mit jüdischen Gesetzen, mit rituellen, kultischen Reinheitsgeboten, in der Exegese einst stark herausgearbeitet wurde, ist das inzwischen minimiert. Stattdessen wird jetzt beschwichtigend die Kontinuität des Juden Jesus mit seiner Tradition betont. Brüche mag man nicht, in der Theologie schon gar nicht. Das Spätere soll harmonisch aus Vorherigem hervorgegangen sein. Hermeneutik der Kontinuität heißt diese Illusion im Theologen-Deutsch. Doch Jesus wurde als Häretiker seines angestammten Glaubens zum Tode verurteilt. Als Unruhestifter ist er gestorben, nicht als Vorbild für den Zusammenhalt.

Der Gesalbte

Doch diese Sicht auf Jesus überwiegt heute in unserer Kultur, soweit sie mit ihm überhaupt noch etwas anzufangen weiß. Jesus, der sich um Außenseiter kümmert, Kranke heilt, Mühselige und Beladene tröstet, der für einen Ruck durch die Gesellschaft sorgt. Dass er bevorzugt Sünden benennt und vergibt, ist schon abgedrängt. Sünden? Versteckt wird ebenso der Grund seiner Heilszusage: Dein Glaube hat dir geholfen, dich gesund gemacht. Hier spricht nicht nur ein Menschenfreund Jesus, sondern der Gottesfreund Christus. Die Freundschaft mit Gott macht den Messias, den Christus, den Gesalbten aus, so dass er für jene, die an seiner Anstößigkeit nicht nur Anstoß nehmen, zum Freund auf dem Lebensweg werden kann.

Die Ikone, die Person

Nicht das Baby-Jesuslein zart, sondern der erwachsene Christus, der durch Tod und Auferweckung als Freund Gottes besiegelt wird, ist der Kyrios, der Herr. Auch dieses Wort meidet man heute lieber, weil es einen Machtanspruch ausdrückt, eine echte, notwendige geistige Autorität, die sich körperlich manifestiert. In Christus zeigt sich die personale Seite des verborgenen Gottes. In der Ikone des unbekannten, unsichtbaren Gottes wird das Vordergründige transparent auf das Hintergründige hin – auf die Sehnsucht, die den Einzelnen in seiner Todesverfallenheit aufrichtet auf Erlösung hin. Diese Rettung kommt nicht aus dem Mühen der Welt. Nicht aus ihrer besten Moral samt Botschaften nationaler wie kirchlicher Ethikkommissionen. Gehen mit Christus, Ausharren in der Christusfreundschaft: Das öffnet die Tür zum Paradies, vielleicht nur einen winzigen Spalt. Aber es ist die unendliche Hoffnung, auch für 2022 nach Christi Geburt: Deine Christusfreundschaft hat dich heil gemacht.

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