Ich war beeindruckt von seiner Ausstrahlung, von seinem Anliegen, Menschen zu Gott zu führen. Ich hatte das Gefühl, einen Menschen zu treffen, der in sich einen Auftrag spürt und der einen geistlichen Weg zeigen kann, der für heutige Menschen gehbar und hilfreich ist.“ So beschreibt der österreichische Jesuiten-Provinzial Bernhard Bürgler die erste Begegnung mit seinem Mitbruder Franz Jalics. Jetzt, da der Jesuit und Kontemplationslehrer infolge einer Corona-Erkrankung im Alter von 93 Jahren gestorben ist, gibt es viele dieser persönlich wertschätzenden Worte.
Ein einzelnes Leben ist eigentlich zu kurz für eine solche Biografie. 1927 in Budapest geboren, trat Franz Jalics 1947 ins Noviziat der Gesellschaft Jesu ein. Unter dem Druck der kommunistischen Regierung musste er Ungarn verlassen und absolvierte seine philosophischen Studien in Pullach und Löwen/Belgien. Nach dem Theologiestudium in Buenos Aires lehrte Jalics dort Fundamentaltheologie und Dogmatik. 1974 zog er in ein Elendsviertel, um das Leben mit den Armen zu teilen. Nach dem Militärputsch 1976 wurde er verfolgt und war ein halbes Jahr lang mit verbundenen Augen eingesperrt. Die Rolle von Papst Franziskus bei Jalics’ Verschleppung – Jorge Bergoglio war damals Leiter der Jesuitenprovinz in Argentinien – sorgt bis heute für Spekulationen.
Seit 1978 lebte Jalics in Deutschland. Hier gründete er 1984 das „Haus Gries“ in Oberfranken, das er bis 2004 leitete. Aufbauend auf den Erfahrungen seines eigenen Lebens, gilt Franz Jalics als Pionier für die Aktualisierung der Exerzitien des Ignatius von Loyola für die heutige Zeit.
Wer einen Zugang zum Denken des menschenfreundlichen Jesuiten finden möchte, dem sei dessen Hauptwerk empfohlen: „Kontemplative Exerzitien“, 1994 erstmals in Ungarn erschienen. Franz Jalics beschreibt darin einen geistlichen Meditationsweg, den in der Folge weitere Mystiker aufgriffen. „Die Menschen suchen einen einfachen, spontanen und unmittelbaren Kontakt zu Gott“, schrieb Jalics damals, seiner Zeit weit voraus. Die bestehenden religiös-kirchlichen Strukturen stünden dem oft im Weg. „Nicht selten verbauen sie den direkten Zugang zum Göttlichen.“ Dagegen hielt Jalics die Erfahrung: „Überall, wo ich zur Einfachheit, Unmittelbarkeit und Innerlichkeit führte, atmeten Menschen auf und sagten mir, dass sie diesen Weg zu Gott jahre- oder jahrzehntelang vergeblich gesucht hätten.“ Solche Weisheit darf nicht verloren gehen.