An Weihnachten 1968 umkreiste die Weltraummission Apollo 8 erstmals den Mond und sah dann die Erde aufgehen. „Mein Gott, ist das schön!“, entfuhr es Astronaut Bill Anders, bevor er die Aufnahme schoss, die weltberühmt wurde und die wir Ihnen auf Seite 1 zeigen. Als Weihnachtsbotschaft trug die Crew den Beginn der Schöpfungsgeschichte vor. Frank Borman beendete sie mit den Worten: „Gott segne euch alle – euch alle auf der guten Erde!“
Unser vernachlässigtes Haus
53 Jahre später geht es der Erde und den Menschen auf ihr gar nicht gut. Die Corona-Pandemie. Das Leid und die Angst der Menschen im Nahen Osten, in Afghanistan und Myanmar, in der Ukraine in Äthiopien, der Sahelzone, in ganz Nordafrika, im Sudan und im Südsudan. Gewalt gegen Frauen, Missbrauch an Kindern und Jugendlichen, die Einsamkeit der älteren Menschen. Zivile und militärische Kriegsgefangene. Schließlich unser vernachlässigtes gemeinsames Haus.
In dieser Reihenfolge legte Papst Franziskus in seiner Weihnachtsansprache den Finger in die vielen Wunden unserer Erde und unseres Zusammenlebens. „Unsere Fähigkeit zu sozialen Beziehungen wird auf eine harte Probe gestellt; es gibt eine wachsende Tendenz dazu, sich zu verschließen, alles allein machen zu wollen; man verzichtet darauf, hinauszugehen, sich zu begegnen und miteinander die Aufgaben zu erledigen. Und auch auf internationaler Ebene besteht die Gefahr, dass die Bereitschaft zum Dialog fehlt“, diagnostiziert der Papst.
„Ich“ ist besser als „Wir“
Als wüssten wir das nicht. Unsere Verwundungen und Konflikte sind ja nicht erst mit der Pandemie entstanden. Sie sind das Ergebnis von inzwischen tief verwurzelten Haltungen: „Ich“ ist besser als „Wir“ und „Wir“ ist besser als „Die Anderen“. Solange für die allermeisten von uns die Frage „Was bringt mir das?“ wichtiger ist als „Was willst du, dass ich dir tue?“, werden Päpste nicht aufhören können, Weihnachtsbotschaften als Klage und Mahnung zu überbringen. Denn die Fähigkeit zu Empathie, sozialer Kompetenz, Diplomatie und Dialog entsteht ja nicht bei der UNO oder im Auswärtigen Amt, sondern ganz früh und ganz klein: in der Krippe, in der Familie, in der Schule. Wenn Leistung, Konkurrenz und Wettbewerb schon bei den Jüngsten einen höheren Stellenwert bekommen als Gemeinschaft, Teamwork und Einstehen für die Schwachen, können sich die Fähigkeit und die Bereitschaft zum Dialog nicht entwickeln.
„Freiheit, Vertrauen, Verantwortung: Darüber, was das bedeutet, werden wir uns verständigen müssen“, mahnte Bundespräsident Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache. Hier liegt auch und vor allem eine Herausforderung für den CHRIST IN DER GEGENWART – und zwar für jede und jeden