Wie sehr sich die Bilder gleichen – und doch unterscheiden: 2015 flüchteten vor allem (junge arabische) Männer zu uns, um in ihrer Heimat nicht kämpfen zu müssen. Frauen und Kinder dagegen blieben überwiegend in den Konfliktzonen verschiedenster kriegerischer Akteure zurück. Aus der Ukraine suchen jetzt aber Mütter mit ihren Kindern Schutz im Westen, während die Männer zur Verteidigung ihres Vaterlandes in den Kampf ziehen, ihr Leben opfern. Die herzzerreißenden Abschiedsszenen voller Schmerz, die kleinen Kinder mit Teddybären in den Armen, die verzweifelten Frauen treiben uns Tränen in die Augen. Welche Tragödie, welches Elend, was für ein Verbrecher Putin, der selbst die eigene Jugend verheizt!
Der Verzicht
Opfer? Das Wort kam uns kaum mehr über die Lippen. Sich aufopfern? In der Spaßgesellschaft, die sich Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung auf die Fahnen geschrieben hat, war es tabu. Dabei ließ uns schon die Corona-Seuche sehen, wie sehr sich an der „Front“ Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte aufopferten – und dafür in großer Zahl, selber vom Virus angesteckt, ihr Leben gaben. Es ist skandalös, dass selbst bei weiterhin zwischen 200 und 300 Coronatoten Tag für Tag allein in Deutschland das Volk meint, rücksichtslos wieder ins Vergnügen drängen zu müssen, in Discos, Bars… Alles soll schnellstens wieder „frei“ sein. Können wir nicht ein bisschen länger aushalten, ein winziges Opfer bringen, uns verzichtend solidarisieren mit den tödlich Bedrohten? Aber auch ohne Extremsituationen opfern sich Mütter fürsorglich auf für ihre Kinder, verzichten zugunsten emotionaler Nähe auf eine berufliche „Karriere“. Väter halten selbst bei entfremdender Arbeit durch. Die ökologische Rettung geht nicht ohne Verzicht. Was opfern wir für die Gerechtigkeit zum Ausgleich von Reich und Arm?
Das Kreuz – die Eucharistie
Aus religiösen Vorstellungen haben wir das Opfer ebenfalls verbannt. Die Eucharistie darf nur noch ein harmonisches Gemeinschaftsmahl sein. Aber dieses gründet kultisch-symbolisch und real auf einem Opfer, auf dem Selbstopfer Jesu am Kreuz aus Liebe für seine Freunde. Dieser Christus der Hingabe trägt stellvertretend die Sünde der Welt. Er nimmt sie hinweg, um das Volk erlösend in das wahre, ewige Leben zu führen. Das feiern wir im sakramental dichtest aufgeladenen großen liturgischen Geschehen, dem Kern des Christlichen, um den sich alles andere dreht. Mysterium, Geheimnis des Glaubens. Vielleicht wurde es mit zu viel Äußerlichem überladen, so dass es schwerfällt zu verstehen, wie eng das Opfer – bis zum individuellen und kosmischen Tod – verbunden ist mit der göttlichen Heilszusage: damit wir das Leben haben. Heilige Kommunion, heilige Materie, die in der Speise Brot und im Trank Wein durchscheint auf das geistige Göttliche hin. Das Opfer ist die Realität des Lebens. Mehr Mystik, mehr Mystagogie wagen. Es darf auch kirchlich davon mehr sein!