Diese Meldung von vor ein paar Tagen ist sicher bei vielen unter dem Radar ihrer Wahrnehmung durchgerauscht: Der Frankfurter Historiker Johannes Fried wurde mit seiner These zitiert, dass es Benedikt von Nursia nie gegeben habe. Zusammengefasst sagt er: Zu dürftig seien die historischen Quellen, zu offensichtlich das kirchenpolitische Interesse an so einer Figur wie Benedikt: Da sei es wissenschaftlich redlicher, ihn als ein Konstrukt zu betrachten, als „eine Art Kunstfigur, an die man sich wie an eine historische Gestalt erinnert“. Zur Einordnung des Vorgangs sei gesagt: Die erste Äußerung Frieds in dieser Sache liegt mehr als zehn Jahre zurück. Sie wurde jetzt nur medial aufgewärmt. Immerhin haben die Journalisten-Kollegen daran erinnert, dass diese These heftig bestritten wurde.
Dennoch ist das Phänomen bemerkenswert. Es steht nämlich durchaus für einen Zug unserer Zeit, in der gerade kaum ein Stein auf dem anderen zu bleiben scheint. In der Vergangenheit haben Leute immer wieder einmal die historische Existenz von Persönlichkeiten des Glaubens angezweifelt, selbst zu Paulus und Jesus gab es entsprechende Wortmeldungen. Das ist spektakulär, klar – lässt sich aber nicht halten. Und eigentlich nutzt es sich auch irgendwann ab. Trotzdem wissen wir: Wenn etwas nur oft genug wiederholt wird, zeigt es Wirkung. Dass auch die Biografie Benedikts – Gründer des Benediktinerordens, „Vater des Abendlandes“ und Patron Europas – angezweifelt wird, ist letztlich also nicht überraschend.
Das alles muss nicht beunruhigen. Es zeigt nur, dass vieles, was wir selbstverständlich zu wissen meinten, heute angefragt wird. Und diese Themen sind nicht theoretischer Natur. Sie kommen uns näher als früher, gehen uns unmittelbar an. So wie Corona (noch) näher kommt: Jeder hat längst Menschen im allernächsten Umfeld, die erkrankt sind, die in Quarantäne sein müssen... Auch der Krieg kommt näher und verlangt unser aller Solidarität: Wer wäre nicht in Hilfsaktionen eingebunden? In unserer Pfarrgemeinde haben wir Notunterkünfte zur Verfügung gestellt und laden zu Friedensgebeten ein. Ja, und auch das ernsthafte Ringen vieler über den Verbleib in der Kirche ist nicht nur ein fernes statistisches Phänomen.
Nochmal: Das ist alles nichts, was uns mutlos machen müsste. Aber wir sind gefordert: die Dinge (neu) zu bedenken, unsere Haltung zu begründen und danach zu handeln. In Vertrauen und Zuversicht. An diesem vierten Fastensonntag feiern wir übrigens Laetare. Freude mitten im Fasten. Das will uns sagen: Nicht Pandemie, Krieg und alles Schwere haben das letzte Wort – sondern die Liebe Gottes.