Warum werden Ordenspriester eigentlich immer seltener mit der traditionellen Anrede „Pater“ angesprochen? Das fragt der Jesuit Stefan Kiechle in den Stimmen der Zeit. Aus seiner Sicht liegt dies an der „patriarchalischen“ Machtstruktur in der Kirche. „Viele erfahren sie als hochgradig ambivalent, lehnen sie ab und vermeiden entsprechend ihre Titelei.“ Vielleicht müsse dies aktuell ja auch so sein, überlegt Kiechle. Der sexuelle und spirituelle Missbrauch habe die Rede von der geistlichen Vaterschaft nachhaltig beschädigt.
Damit gehe jedoch auch ein altes, positives Bild verloren. Stefan Kiechle hofft deshalb auf eine Veränderung in mittlerer Frist: „Vielleicht wird die Kirche später die geistliche Vaterschaft wiederentdecken – und zugleich die geistliche Mutterschaft! Beide dürfen zu wertvollen Bildern und Modellen für spirituelle Pädagogik werden … Dann dürfen geistliche Kinder … alle, die geistliche Ämter innehaben, mit freiem Herzen wieder ‚Pater‘ und hoffentlich künftig auch ‚Mater‘ nennen.“