star wars und die bibel
Lese-Kanon und Laser-Kanonen
Reine Action? Die Sternenkriege haben mehr zu bieten – auch theologisch.
Wo andere Bücher ein Quellenverzeichnis drucken, steht in Im Namen des Vaters, des Sohnes und der Macht nur eine Liste der wichtigsten Star Wars-Filme. Es sind neun Stück, gedreht zwischen 1977 und 2019. Und es kann nicht schaden, in all die Filme zumindest hineingeschaut zu haben, bevor man das Buch zur Hand nimmt. Sonst fühlt man sich als Leser schnell etwas verloren zwischen all den Planeten und Sonnensystemen, in denen sich Wesen mit Namen wie Qui-Gon Jinn oder Maz Kanata tummeln. Wenn man sich aber mal in die „weit, weit entfernte Galaxie“ hineingefunden hat, warten hier spannende Einblicke.
Das Theologen-Ehepaar Simone und Claudia Paganini beschränkt sich nicht darauf, die zahlreichen biblischen Anspielungen, die sich in der Star Wars-Reihe verstecken, nur aufzuzählen. In übersichtlichen Kapiteln wird alles in einen größeren Kontext gesetzt – in der Welt der Filme und im Glauben eingeordnet.
Was bedeutet es, dass das lang erwartete Wunderkind Anakin Skywalker auf einem abgelegenen Wüstenplaneten von einer Jungfrau geboren wurde? Und was sagt es uns, dass er vom rechten Weg abkommt und zum schrecklichen Darth Vader wird? Erst sein Sohn kann zu ihm durchdringen und ihn wieder auf die gute Seite bringen. „Er hat begriffen, dass sich die Spirale der Gewalt nicht durch Gewalt beenden lässt und Gewaltlosigkeit, die aus tiefster Überzeugung kommt, stärker ist als alle Waffen der Welt. Für seine Überzeugung und für die Liebe zu seinem Vater nimmt er den eigenen Tod in Kauf“, heißt es in dem Buch. Und plötzlich ist man sich nicht mehr sicher, ob hier von Luke Skywalker die Rede ist oder von Jesus – oder vielleicht von beiden.
Besonders spannend ist das Kapitel zu apokryphen Schriften. So wie es Evangelien und Briefe gibt, die nicht zur offiziellen Bibel gezählt werden, ist auch das Star Wars-Universum deutlich größer als die bekannten Filme. Es gibt Comics, Bücher, Computerspiele und zahllose Methoden festzustellen, was gerade „kanonisch“ ist und was nicht. Besonders seit Disney Star Wars 2012 für vier Milliarden Dollar aufgekauft und eine neue Filmtrilogie gestartet hat, die vielem widerspricht, was vorher Konsens war, toben unter Fans regelrechte Glaubenskriege um die „richtige“ Version von Star Wars. Um die Bibel werden solche Debatten heute selten geführt – was für die Paganinis kein gutes Zeichen ist. „Ein Grund dafür, dass die Kanon-Frage der Bibel kaum mehr jemanden interessiert, im Zusammenhang mit Star Wars aber nach wie vor hitzig geführt wird, dürfte das Interesse bzw. mangelnde Interesse sein, das den Werken entgegengebracht wird.“
Manchen Menschen ist die Welt der Sternenkriege offenbar heiliger als unsere eigene. Allein für solche Denkanstöße lohnt sich das Buch.
simon lukasCIG
simone & claudia paganini:
Im namen des vaters, des sohnes und der macht
Star Wars und die Bibel
Verlag Herder, Freiburg 2022
128 Seiten
14 €