Es begann damit, dass unsere Nachbarn für den Pfingstsamstag eine große Party ankündigten. Um dem nächtlichen Feierlärm zu entgehen, buchte ich eine Unterkunft in einer nahegelegenen Baumhaus-Jugendherberge. Nach einem schönen Tag in der Natur begannen einige Kinder aus der Jugendherberge mit einem Fußballspiel. Schnell gesellten sich auch die anderen (internationalen) Gäste dazu, und es wurde ein großes, abendfüllendes Turnier. Ich saß am Rand und beobachtete, wie diese bunte – und vor allem vielsprachige – Kinderschar im Abendsonnenschein spielend jegliche Sprachbarrieren überwand, begeistert miteinander kickte und jubelte. Und ich dachte mir: Was für ein wunderbares Sprachenwunder – ausgerechnet an einem Pfingstsonnabend!
Am Pfingstsonntagmorgen, nach einer gemütlichen Nacht im Baumhaus, wollte ich gerade nach einem Gottesdienst in der Nähe suchen, als mein Sohn erschrocken rief: „Mama, da kommt ein Unwetter!“ Ich sah hinaus und mir bot sich eine geradezu apokalyptische Szenerie: Über uns bäumten sich dunkelgraue Wolken auf, während das Licht am Horizont eine feuriggleißende Farbe annahm. Schnell zogen wir uns an und konnten uns gerade noch in den Frühstückssaal retten, bevor ein starker Sturm, begleitet von einem massiven Gewitter, über uns hereinbrach. Während wir gemeinsam mit den anderen Gästen festsaßen – auch an einen Gottesdienstbesuch war nicht zu denken –, musste ich an den Pfingstbericht in der Apostelgeschichte denken: „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen“ (Apg 2,2). Besser hätte ich unsere aktuelle Situation nicht beschreiben können!
Und noch ein Gedanke kam mir: Oft assoziiert man ja das Wirken des Heiligen Geistes mit einem leichten Säuseln, einem zarten Windhauch, deshalb ist es gut, wenn man – beispielsweise durch ein Unwetter – daran erinnert wird, dass der Heilige Geist auch in Gestalt eines wilden Sturmes auftreten kann, der alles durcheinanderwirbelt und auf den Kopf stellt. In einer solchen Situation braucht es dann einen (trockenen) Versammlungsort, Geduld und Mut.
Ein Sprachenwunder, ein Unwetter und eine Heimreise später konnte ich am Pfingstmontag nun endlich einen regulären Gottesdienst in unserer Gemeinde besuchen. Aber auch hier wurde meine Routine durchkreuzt, denn aufgrund von Renovierungsarbeiten ist unsere Kirche kürzlich geschlossen und die Gottesdienste sind in die Gemeinderäume verlegt worden. Auf einmal konnten wir Gottesdienstbesucher uns nicht mehr weit ab vom Altarraum im großen Sakralbau verteilen, sondern wir saßen (natürlich mit Masken) geradezu gemütlich zusammen um den aufklappbaren Altar herum. Weniger Distanz und klerikale Abstufungen – mehr Nähe, Verbundenheit und Improvisation. Man fühlte sich direkt an die einmütige urchristliche Gemeinde erinnert, die sich an Pfingsten in einem kleinen Gebetsraum versammelt hatte: „Und alle, die glaubten, waren an demselben Ort und hatten alles gemeinsam“ (Apg 2,44).
Im Nachhinein bin ich dankbar für diese drei unerwarteten Pfingst-Momente. Sie zeigen mir, dass Pfingsten kein abgeschlossenes Ereignis ist, sondern immer wieder geschehen und auf uns einwirken kann. Dass der Heilige Geist auch heute noch Unruhe, vor allem aber Gemeinschaft stiften kann.