Sei lieb. Bete und gehorche.“ Das bekommen die Kinder in der „Fundamentalistischen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ im US-Bundesstaaat Texas von klein auf zu hören. Besonders die Mädchen, die teilweise schon als Teenager verheiratet werden. Über allem steht Warren Jeffs, ein selbsternannter Prophet, der nicht weniger als 78 Ehefrauen hat – ein Drittel davon minderjährige Mädchen. 2008 greift der Staat ein. Bei einem groß angelegten Polizeieinsatz sollen die Frauen und Kinder aus Missbrauch und Zwangsehen gerettet werden, doch schnell wird klar, wie tief die religiöse Abhängigkeit reicht. Viele Frauen erkennen die Autorität der Gerichte nicht an und halten zu ihrem Ehemann, auch als der schon in Haft sitzt. „In unserer Vorstellung hatte die Polizei keine Macht über uns“, erzählt eine von ihnen später.
In insgesamt vier Folgen lässt der Streaming-Dienst Netflix Menschen aus Jeffs’ Umfeld zu Wort kommen und ermöglicht so einen erschütternden Blick hinter die Fassade. Dabei wird deutlich, dass die Grundmuster von geistlichem Missbrauch immer gleich bleiben. „Wenn man von Geburt an etwas beigebracht bekommt, glaubt man das“, heißt es einmal. Doch blinder Gehorsam kann gefährlich werden – nicht nur in einer Polygamie-Kirche in den USA.
„SEI LIEB – BETE UND GEHORCHE“
USA 2022; Regie: Rachel Dretzin; Netflix
Länge: 4 Folgen je ca. 45 Min.