7 Momente aus 7 TagenDas Helle, das Dunkle

Der Wochenrückblick.

Meine Woche beginnt mit einem Interview-Termin. Die erste Frage der Journalistin an mich lautet: „Was treibt Sie an?“ Ich antworte: „Mein Schmerz und mein Glaube.“ Mein Schmerz über und mein Wissen um die dunklen Seiten der Kirche lassen mich unbequem bleiben und für die Aufarbeitung des Missbrauchskomplexes kämpfen – und ohne meinen Glauben und das Wissen um die hellen Seiten hätte ich nicht die Kraft, all das zu verkraften und mich weiter einzubringen. Beide Seiten sind für mich untrennbar miteinander verbunden und durchziehen permanent mein Leben. Wenn ich auf die letzte Woche zurückblicke, dann war auch sie wieder einmal bestimmt von diesem dauernden Wechselspiel und durchwebt vom Hellen und vom Dunklen:

1 | Rom I. Das Glaubensdikasterium veröffentlicht eine „geupdatete“ Version ihres Handbuchs für den Umgang mit Missbrauchsfällen. Die weltweite Praxis soll endlich vereinheitlicht werden, zudem sind weitere Aktualisierungen vorgesehen.

2 | Rom II. Der Vatikan veröffentlicht ein Apostolisches Schreiben von Papst Franziskus (Desiderio Desideravi), in dem er sich für einen inklusiven Ansatz bei der Eucharistie starkmacht: „Bei diesem Abendmahl hat sich niemand einen Platz verdient, alle waren eingeladen.“

3 | Köln. Am Mittwoch wird bekannt, dass der ehemalige Präsident des Kinderhilfswerks Sternsinger unter dem Verdacht steht, sexuellen Missbrauch begangen zu haben. Das Erzbistum Köln bittet mögliche weitere Betroffene, sich zu melden.

4 | Stuttgart. Ich darf Ansgar Wucherpfennig SJ zu seinem Buch Wie hat Jesus Eucharistie gewollt? interviewen. In unserem spannenden Dialog spricht er über die Vielfalt und die „weibliche Seite“ der Eucharistie und berichtet mir von einer evangelischen Gemeinde, in der die Mitfeiernden beim Abendmahl einen eigenen Trinkbecher erhalten und der Wein aus einem Krug an alle ausgeschenkt wird: „So wird die Einheit sichtbarer, als wenn ein goldener Kelch bei der Kommunion gereicht wird.“

5 | Ludwigshafen. Die Delegierten der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Organisationen Deutschlands (AGKOD) beschäftigen sich bei ihrer diesjährigen Versammlung mit dem wichtigen Thema der Missbrauchsaufarbeitung. Johannes Norpoth und ich plädieren in unserem Redebeitrag dafür, auch den Missbrauchsabgrund in den Verbänden intensiver auszuleuchten, Erzählräume und geschützte Räume für Überlebende zu schaffen und das „Primat der Betroffenen“ zu beherzigen. Die anschließende Diskussion ist konstruktiv, offen und wegweisend. Sie macht Mut für alles, was noch vor uns liegt.

6 | Würzburg. Am Samstag fahre ich mit meiner Familie nach Würzburg zu einer Geburtstagsfeier. Trotz des Trubels kann ich am Abend einen Gottesdienst in der beeindruckenden Augustinerkirche besuchen – und ich entdecke, dass dort genau das praktiziert wird, was Ansgar Wucherpfennig zuvor geschildert hat: Am Eingang nimmt sich jeder ein verpacktes Stück Brot sowie einen Becher. Zur Eucharistie wird jedem Gottesdienstbesucher Wein aus einem großen Krug ausgeschenkt und dann halten wir gemeinsam Mahl. Was für eine wunderbare und intensive Erfahrung und was für ein schöner „Zufall“!

7 | München. Kardinal Marx spricht sich in einem Gottesdienst anlässlich des 150. Geburtstages der Frauenrechtlerin Ellen Amman für den Diakonat der Frau aus. Mit Blick auf ihre Biografie betont der Erzbischof: „Gebet und Leben, da war für sie nie eine Trennung.“

 

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