Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt! Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land.“ Die Liedzeile aus der Feder Klaus-Peter Hertschs kann eine Ermutigung für alle sein, die an Veränderungen glauben – in der Kirche, der Gesellschaft oder im Privaten. Und sie ist Mahnung an diejenigen, die Neuerungen aus Trägheit oder ideologischer Verbrämung verhindern wollen. Gott geht an der Seite der Wandernden.
Für mich ist das Lied in letzter Zeit zu einer persönlichen Begleitmelodie geworden: Nach meiner akademischen Tätigkeit in Bonn und der journalistischen Ausbildung beim Onlineportal katholisch.de und an der katholischen Journalistenschule in München bin ich in meine Wahlheimat Freiburg zurückgekehrt. Und das nicht allein, um die badische Sonne zu genießen, sondern vor allem für meinen Start als Redakteur beim CHRIST IN DER GEGENWART. Über diesen Neuanfang freue ich mich sehr. Mit dem Blick des Christen auf die Gegenwart – und mit dem der Gegenwart auf die Religion – entdecke ich allerorten Menschen, die sich auf Veränderungen einlassen oder für sie kämpfen.
1 | Belgien. Von wegen „deutscher Sonderweg“: Die Vorbereitungsphase auf den weltweiten synodalen Prozess macht deutlich, dass die deutsche Kirche mit ihren Reformforderungen keineswegs alleine steht. So sprach sich nach Irland und Australien auch in Belgien die Mehrheit der Katholiken für eine Öffnung des Weiheamts für Frauen und Verheiratete aus.
2 | Frankreich. Eine unabhängige Kommission hat in Frankreich vergangenen Herbst gravierende Mängel im Umgang mit kirchlichen Missbrauchsfällen zutage gebracht. Nun hat ein neu eingerichteter Kirchenfonds erstmals Anerkennungszahlungen an Betroffene geleistet. Ein erster Schritt in Richtung Neuanfang. Bisher sollen über 700 Entschädigungsanträge eingegangen sein. Die Obergrenze der Zahlungen liegt bei 60000 Euro.
3 | Vatikan. Mit seinem überraschenden Rücktritt ist Papst Benedikt XVI. bereits in die Geschichte eingegangen. Sein Nachfolger kündigte diese Woche an, diesem Schritt möglicherweise eine weitere Neuerung hinzuzufügen: Sollte Franziskus einmal vom Papstamt zurücktreten, wolle er nicht als „emeritierter Papst“, sondern als „emeritierter Bischof von Rom“ bezeichnet werden.
4 | Österreich. Gesellschaftliche Veränderungen machen auch eine veränderte Glaubens- und Feierpraxis der Kirche notwendig. Diesem Grundsatz folgte die altkatholische Kirche in Österreich und beschloss auf ihrer Synode, gleichgeschlechtliche Paare zur kirchlichen Ehe zuzulassen. Zuvor hatten bereits die altkatholischen Kirchen in Deutschland und der Schweiz die Eheschließung für alle eingeführt.
5 | Großbritannien. Mehr weltkirchliche Vernetzung will die Kirche von England wagen: Bei der Wahl des Erzbischofs von Canterbury sollen zukünftig fünf statt nur ein Vertreter der anglikanischen Weltgemeinschaft beteiligt werden. Mit dem englischen Bischofssitz ist das Amt als Ehrenoberhaupt der Anglikaner weltweit verbunden.
6 | Iran. Obwohl sie Anfeindung, Prügel und sogar Inhaftierungen zu befürchten haben, protestierten am Dienstag zahlreiche Frauen im Iran gegen die Schleierpflicht. Das öffentliche Auftreten ohne Schleier ist nach Gesetz der klerikal-islamischen Regierung strafbar. In den sozialen Netzwerken oder auf den Straßen zeigten die Frauen ihr offenes Haar, um gegen ihre Unterdrückung zu kämpfen.
7 | Saudi-Arabien. Nach den pandemiebedingten Einschränkungen konnte die islamische Pilgerfahrt nach Mekka, der Haddsch, in diesem Jahr wieder in gewohnter Form stattfinden. Zum Höhepunkt der traditionellen Wallfahrt beteten rund eine Million Pilger am Fuße des Bergs Arafat. Dort soll der islamischen Überlieferung nach Mohammed seine letzte Predigt gehalten haben – ein Ort des Abschlusses und des Neuanfangs.