Bekannte von mir haben sich mit dem Coronavirus infiziert. Und sie wissen auch ziemlich sicher, wo die Ansteckung erfolgt ist: bei einem Open-Air-Konzert in Freiburg. Von wegen, Corona ist vorbei ... Trotzdem wird allerorten der „Normalbetrieb“ wieder hochgefahren. Wollten wir nicht zu einem „neuen Normal“ kommen?
1 | Canterbury I. Neben der Salzburger Hochschulwoche war das Welt-Treffen der Anglikaner das kirchliche Großereignis der vergangenen Tage. Zu dieser sogenannten Lambeth-Konferenz hatten sich mehr als 650 Bischöfinnen und Bischöfe versammelt, begleitet von Ehepartnern und Delegationen. Damit das Treffen kein Superspreader-Ereignis würde, hatte man das übliche „Big Hello“, bei dem Gemeinden in ganz England besucht werden, vorsorglich gestrichen. Hoffentlich hat das gereicht.
2 | Bern. Dass das Virus nach wie vor böse Überraschungen bereithalten kann, lernen wir soeben in der Schweiz. Nach neuen Erkenntnissen war dort insbesondere die zweite Pandemie-Welle viel tödlicher als bisher angenommen. Für das Jahr 2020 gehen die Behörden nun von fast 10 000 Toten aus (statt 7 656 laut früherer Zählung).
3 | Canterbury II. Zurück zur Lambeth-Konferenz, bei der natürlich auch inhaltlich gearbeitet wurde. Der im Vorfeld befürchtete große Knall blieb aus. Die Anglikaner sind bekanntlich zutiefst zerstritten über die Frage der Priester- und Bischofsweihe für homosexuelle Menschen sowie Segnungen gleichgeschlechtlicher Ehen. Etliche konservative Vertreter aus dem globalen Süden waren deshalb gleich gar nicht nach Canterbury gekommen. Diese Erfahrung sowie der rüde Umgang miteinander in der jüngeren Vergangenheit machen nachdenklich.
4 | Canterbury III. Viel gelobt wurde bei der Konferenz das vatikanische Grußwort von Luis Tagle. Der Kurienkardinal rief zum gemeinsamen Zeugnis der Christenheit auf. „Ich sehne mich nach einem spirituellen Haus; ich träume von diesem Haus für die Kirche, die Menschheitsfamilie und die Schöpfung. Lasst uns gemeinsam träumen.“ Man möchte ja wirklich einstimmen in diese Begeisterung. Aber was ist mit den Problemen in den Kirchen selbst? Einfach wegspiritualisieren lässt sich das nicht.
5 | Köln. Und auch „gute Presse“ zu kaufen, ist nicht angemessen. Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtete über interne Unterlagen der PR-Berater des Erzbistums. Demnach riet man Kardinal Rainer Maria Woelki im Zusammenhang mit den Missbrauchsstudien unter anderem, den Betroffenenbeirat auf die eigene Linie zu bringen und den FAZ-Journalisten Daniel Deckers als „Fürsprecher“ zu gewinnen. „Solch zweifelhafte Methoden haben im Raum der Kirche nichts verloren“, stellt der Bonner Stadtdechant Wolfang Picken zu Recht fest.
6 | Essen. Eine neue Untersuchung belegt, dass der frühere Geschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat und spätere Bischof Emil Stehle (1926–2017) Missbrauchstäter aus Deutschland in Ecuador vor Strafverfolgung geschützt hat. Außerdem werden gegen Stehle selbst insgesamt sechzehn Meldungen und Hinweise zu übergriffigem Verhalten und sexuellem Missbrauch aufgelistet.
7 | Karlsruhe. Fast nur schlechte Nachrichten? Vorfreude macht mir ein weiteres kirchliches Großereignis, das Ende des Monats stattfindet: In meiner Heimatstadt trifft sich der Ökumenische Rat der Kirchen zur Vollversammlung.