Beim Lesen der Bibel fragt man sich: Warum nur ist das, was so gut und schön erschien, so schnell zerbrochen? Ein Paradies wird zur Wüste, ein ideales Paar zu einem Schlangennest, warum? Die Bibel gibt darauf keine Antwort, sondern lädt uns ein, uns eher eine andere Frage zu stellen: Wie können wir in diesen „kranken“ Gegebenheiten Gemeinschaft praktizieren, Liebe leben? Die Frage ist nicht: Warum ist das alles so?, sondern: Wie lässt sich in all dem ein Weg Richtung Heil, Heilung finden?
Der Gott der biblischen Offenbarung agiert innerhalb der Geschichten von Verletzungen und Versagen, um darin „seine“ Heilsgeschichte voranzubringen. Es ist eine Heilsgeschichte, die sich des „Materials“ bedient, das die Menschen aller Zeiten für Unrat halten. In Gottes Augen aber ist es kostbar und nicht zu ersetzen: „Das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt: das, was nichts ist …“ (1 Kor 1,28)
Paolo Scquizzato in: „Lob des unvollkommenen Lebens. Eine christliche Alternative zum Perfektionismus“ (Neue Stadt, München 2022)