Seit tausenden von Jahren greifen die Menschen nun schon auf den reichen poetischen Schatz der 150 alttestamentlichen Psalmen zurück, um sich dankend, bittend, lobend, klagend oder verzweifelnd an ein göttliches „Du“ zu wenden. Auch im Neuen Testament wird sehr häufig aus dem Buch der Psalmen zitiert – so greift Jesus am Kreuz beispielsweise die Worte des Rufers aus Psalm 22 auf: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2; Mk 15,34). Und noch heute geben die Psalmen – aufgrund ihrer großen emotionalen Bandbreite und ihres hohen Identifikationspotenzials – dem freudigen, aber besonders auch dem leidvoll mit Gott und um Worte ringenden Betenden immer wieder die passende Sprachhilfe an die Hand.
Aber was, wenn sich die Christen der Gegenwart mit ihren ganz aktuellen wunden Punkten und konkreten brennenden Fragen an Gott wenden wollen? Dann seien ihnen die poetischen wie unverblümten Klartext-Psalmen von Stephan Wahl sehr ans Herz gelegt! In seinem Buch „Erwarte von mir keine frommen Sprüche“ findet man nicht nur seinen aus dem Gottesdienst zum Gedenken der Opfer der Flutkatastrophe bekannten „Ahrpsalm“ („Wo warst du Gott, Ewiger, hast du uns endgültig verlassen?“), sondern auch viele weitere berührende und brandaktuelle Psalmen: Klagetexte über dunkle Themen wie den Ukraine-Krieg („Mach dich gefasst auf meine zornigen Fragen, wenn wir uns sehen werden, später“), sexuellen Missbrauch („ein Orkan der verwundeten Stimmen fegt über das Land“), Burnout oder die Kirchenkrise, aber auch ermutigende Zeilen über die hellen Aspekte des Lebens wie im „Dankpsalm“, im „Mutmachpsalm“ („es wird spannend, es ist eure Zeit!“) oder im „LGBTQ-Psalm“ („Ich danke dir, Ewiger, dass ich so bin, wie ich bin“). Eine wunderbar hilfreiche und authentische Gedanken- und Gebetssammlung, dank der die Leser all ihre Wut, ihren Schmerz und ihre Freude Gott „ungeschminkt“ vor die Füße werfen – und am Ende immer auf Antwort hoffen dürfen.