Liebe Leserinnen, liebe Leser
Es gibt Menschen, denen es so wichtig ist, was andere von ihnen denken, dass sie ihr Handeln davon bestimmen lassen. Johannes Röser ist ganz sicherlich keiner von ihnen. Andere mögen sich fragen: Kann man das so schreiben? Darf man das so schreiben? Johannes Röser würde immer antworten: Das muss man so schreiben.
Unabhängiger Journalismus steht auf zwei Stützen: dem Recht (Pressefreiheit und Quellenschutz) sowie Verlagen, die zu ihren Journalisten stehen und deren Texte veröffentlichen. Damit aber echte, eigenständige Texte geschrieben und dadurch unbequeme Fragen gestellt werden, braucht es unabhängige Persönlichkeiten.
Die Kommunikationswissenschaftlerin Elisabeth Noelle-Neumann hat in ihrem Buch Die Schweigespirale einen sozialen Mechanismus aufgezeigt, der nur von starken und unabhängigen Persönlichkeiten durchbrochen werden kann. Die Theorie geht davon aus, dass Aussagen, die erwartbar auf Zustimmung stoßen, lauter vorgetragen, geschrieben oder gesendet werden als solche, die vermutlich auf Ablehnung stoßen. Eine Schweigespirale entsteht also da, wo Leute das gesagt bekommen, was sie vermeintlich hören wollen, und das, was sie nicht hören wollen, unter den Teppich gekehrt wird. Ein Blick in die heutige Fernseh- und Presselandschaft bestätigt diese Theorie: Bis hin zum Gebrauch politisch korrekter Worte biedern sich selbst namhafte Nachrichtensendungen und Zeitungen dem Zeitgeist an.
Man mag Johannes Röser vieles vorwerfen – ein Blick auf die vielen Leserbriefe der letzten Jahre zeigt, dass das auch oft geschehen ist –, doch Anbiederung gehört nicht dazu. Hatte sich die Redaktion des CIG eigentlich auf Joseph Ratzinger eingeschossen, arbeitete Johannes Röser bald heraus, dass Benedikt XVI. ein Kirchenführer sei, der die Frage nach Gott in den Vordergrund stelle. Stand der CIG eigentlich für Toleranz und Dialog der Religionen, wies Johannes Röser früh auf die Gefahren hin, die vom politischen Islam ausgehen. Während andere die lateinamerikanische Befreiungstheologie verurteilten, kristallisierte Röser die durch sie in Sozialfragen gestellte Gottesfrage heraus. Eine Schweigespirale kann sich um so einen Journalisten nicht bilden.
Geboren 1956 im nordhessischen Witzenhausen studierte Röser Theologie in Freiburg und Tübingen. Die Lust, ab und an etwas kräftiger draufzuschlagen als für einen Journalisten üblich – und auch die dafür notwendige Hitze in Kauf zu nehmen –, wird der Sohn eines böhmischen Schmieds wohl von seinem Vater mit auf den Weg bekommen haben.
Das erste Mal habe ich Johannes Röser so erlebt, als ich im Verlagshaus Kosten senken musste, was leider auch Kündigungen bedeutete. Da kam er auf dem Gang fröhlich polternd auf mich zu und sagte, für den Fall, dass ich ihn entlassen wolle, bräuchte ich nicht nach seinem Arbeitsvertrag zu suchen: es gebe keinen. Er sei per Handschlag von meinem Vater eingestellt worden, und alles, was es in Zukunft zu regeln gäbe, wäre wieder genau so zu regeln. Jede neue Personalleitung versuchte, Johannes Röser einen Vertrag anzudienen – ohne Erfolg. Es blieb bis heute beim Handschlag.
Die Leser durften sich bei Johannes Röser auf eigenständig-sperrige Texte freuen und der Verlag auf einen ebensolchen Chefredakteur. Für die Menschen in seinem direkten Umfeld war das oftmals mehr als nur eine Herausforderung. Aber auch hier erklärte mir Johannes Röser mit inbrünstiger Überzeugung, ich beschäftige ihn als Journalist und nicht als Führungskraft. Also solle ich ihn so nehmen, wie er sei, und meine Aufmerksamkeit lieber dem Verlag widmen, dass dieser „mehr Reklame für den CIG“ machen möge. Was Johannes Röser sich einmal in den Kopf gesetzt hat, das bleibt da auch. Zum Glück hat er sich in den Kopf gesetzt, auch zukünftig für den CIG zu schreiben. Das freut mich, insbesondere als Leser.
Heute zolle ich Johannes Röser meinen Respekt und drücke Dir, lieber Johannes, den Dank des Verlagshauses Herder aus. Dein journalistisches Talent, Dein persönlicher Mut und Dein unabhängiges Denken haben den Christ in der Gegenwart zu einer unverwechselbaren Zeitschrift gemacht. Vielen Dank.
Manuel Herder
Wenn es um echte, eigenständige Texte geht, braucht es unabhängige Persönlichkeiten.