Die Überschrift des Editorials von Pater Adam Boniecki, der nach mancherlei Querelen mit kirchlichen Behörden im Impressum des Krakauer Tygodnik Powszechny (Allgemeine Wochenzeitung) diplomatisch als „Redaktor senior“ tituliert ist, sticht ins Auge: „Żeby nie ględzić“, heißt es dort, was mit „Nur nicht schwafeln!“ zu übersetzen wäre. Boniecki wirft einen Blick auf den schulischen Religionsunterricht, der es im katholischen Polen schwer hat. Verlässliche Zahlen gibt es nicht, aber die Unzufriedenheit ist groß, regelmäßig liest man Berichte über scheiternde Katecheten und Fluchtbewegungen der Schüler – auch das ein Anzeichen der rasanten Säkularisierung in einem Land, in dem „westliche“ Besucher immer noch über gut besuchte Gottesdienste staunen.
Boniecki greift auf seine eigenen Erinnerungen zurück. Auch er habe großartige wie erbarmungswürdige Religionslehrer erlebt. Der Unterschied ist für den Pater überraschend einfach zu erklären: Während die einen mit ihrer Art und ihren Gedanken zu faszinieren vermochten, langweilten die anderen, ja sie „schwafelten“. Disziplinlosigkeit, manchmal gar chaotische Szenen waren die Folge. Die Annahme, dass die Situation heute nicht grundlegend eine andere ist, scheine naheliegend: „Ich rede nicht von einer professionellen Ausbildung, auch wenn man hier eine Menge machen kann, sondern von dem Talent zu unterrichten. Für die einen ist das Unterrichten – auch der Religion – ein faszinierendes Abenteuer, ein Feld des Suchens und der Erfahrung, für die anderen eine ewige Tortur.“
Im polnischen Kontext denkt Boniecki speziell an die vielen Geistlichen, die in die Schulen „gesandt“ werden und die den Abgrund zwischen dem geordneten Pfarrleben und den schulischen Infragestellungen nicht bewältigen. In Deutschland dürften die wenigsten Schüler in Kontakt mit einem Priester kommen. Doch die Formel „Begeistern oder schwafeln?“ – mag sie zweifelsohne zuspitzen – ist aller Erfahrung nach überall gültig.
Im Religionsunterricht gibt es viele gute und ordentliche Stunden. An welche aber können wir uns noch Jahrzehnte später erinnern? An wenige nur (dem Verfasser dieser Zeilen fallen exakt zwei ein). Und dann werden es solche sein, die „zu denken“ gaben, die uns eher überforderten denn unterforderten, solche, in denen wir gemerkt haben, dass der Lehrer selbst ein Suchender und ein Tastender ist. Das mag eine Stunde zur Theodizee gewesen sein, zur Frage nach dem Leid in einer von Gott gewollten Welt. Dazu gibt es mancherlei Antworten, an denen unser Glaube wachsen kann – das sind aber keine glatten, keine, die unsere „Empörung“ bloß besänftigen. Authentisch ist ein Lehrer, der vor den Teenagern zugeben kann, dass auch er häufig genug mit seiner Weisheit am Ende ist. Ähnliches gilt für große Worte wie „Erlösung“ und „Opfer“, über die man eine Menge lesen kann, die aber nur mühsam den Weg in unsere Herzen finden. Hier kann manchmal der Verweis auf eine poetische Verdichtung wertvoller sein als ein „Schwafeln“ aus Gewohnheit.
Das alles gilt für Katecheten, gewiss, doch im selben Maße für Prediger und geistliche Autoren. Nicht zu langweilen, das ist eine Kunst wie eine Gabe, dazu gehört ein kritischer Blick auf die Lieblingsphrasen und Lehrformeln, damit sie mit der Zeit nicht zu Peinlichkeiten und Leerformeln werden.