Scham
Zum Leserbrief „Idealisierung“ (CIG 44, S. 8)
Als Prior der Communauté von Taizé möchte ich Agnes Kleis für Ihren Leserbrief „Idealisierung“ danken. So sehr mich das überaus positive Echo von Felix Evers, auf das sie Bezug nimmt, freut, erinnert Frau Kleis daran, dass Fälle von Missbrauch durch Brüder unserer Communauté vorgekommen sind. Nur wenn wir uns dazu bekennen, können wir versuchen, zur Heilung der Wunden beizutragen und dazu, dass Ähnliches nicht wieder geschieht. Indem ich betroffenen Personen zuhöre, wird mir immer wieder die Tiefe der Verletzungen bewusst. Das ist für uns Brüder erschütternd und beschämend. Wir sind uns auch bewusst, welche Verantwortung uns Brüdern dadurch auferlegt ist, dass vor allem junge Menschen Woche für Woche mit der Hoffnung nach Taizé kommen, Vertrauen in Gott, in das Leben und in sich selbst zu finden. Deshalb setzen wir alles daran, dass Menschen, die in Taizé oder anderswo in Kirche oder Gesellschaft Missbrauch erlebt haben, hier darüber reden können, und dass die Integrität jedes Menschen in Taizé Schutz erfährt. Dass wir auf diesem Weg vorangehen können, verdanken wir Menschen, die den Mut hatten, uns den hier erlebten Missbrauch mitzuteilen.
Frère Alois, Taizé
Anregung
Zum Artikel „Orte des intensiven gemeinsamen Suchens“ (CIG 47, S.3)
Dass in der Reihe „Glaube.neu.denken“ unter einem wohlwollenden Titel über die geistlichen Gemeinschaften geschrieben wird, finde ich sehr gut. Zwei Ergänzungen scheinen mir aber wichtig: Geistliche Bewegungen sind inzwischen auch in Gremien auf allen Ebenen vertreten und arbeiten im Synodalen Weg mit. Dann lässt der Artikel oft einen Gegensatz zwischen Gemeinden und geistlichen Gemeinschaften anklingen. Wir haben seit Jahren Kontakt mit verschiedenen Gemeinschaften. Viele Mitglieder sind in Gemeinden engagiert, nicht obwohl, sondern weil sie in Gemeinschaften sind. Außerdem sind deren Beiträge in verschiedenen Feldern der Kategorialseelsorge in vielen Diözesen anerkannt, z. B. Ehevorbereitung und vor allem Angebote für Familien. Ich selbst bin gerade durch meine Mitarbeit in der Schönstattbewegung auf die damals neuen Möglichkeiten als sog. „Laientheologe“ und später Pastoralreferent hingewiesen worden und habe viele Anregungen für meinen Dienst als Diözesanreferent aus dieser Spiritualität gewonnen.
Klaus Heinzmann, Saulheim
Göttliche Rede
Zum Artikel „Klang der Ohnmacht“ (CIG 46, S. 1)
Den ursprünglichen Horizont der Texte der Bibel anzuerkennen ist das eine. Das andere ist, unser Gottesbild und die Theologie in Bezug auf den heutigen Horizont menschlichen Bewusstseins und Wissens zu denken. Wenn das nicht geschieht, wird das Bedürfnis, sich in dieser Welt zurechtzufinden und dem Leben eine Bedeutung zu geben, von anderen Propheten erfüllt werden. Joseph Ratzinger stellte in Glaube und Zukunft (1970) die Frage zu den Texten des Alten Testaments: „Oder ist das für uns nicht einfach Alter Orient, interessant, als Stufe menschlichen Bewusstseins vielleicht bedeutend, aber eben Stufe menschlichen Bewusstseins und nicht Ausdruck göttlicher Rede?“ Was haben die Hirten der Kirche uns Menschen noch zu sagen? Der Katechismus mit seinen 800 Seiten ist wohl kaum die geeignete Antwort. Die Menschen vor 2500 Jahren haben ihr Ohnmachtsempfinden in ihre Texte geschrieben. Unser Ohnmachtsempfinden braucht andere Texte. Ich sehe nicht, wo in unserer institutionalisierten Kirche solche Texte entstehen und zur Sprache kommen können.
Hans-Jürgen Oeynhausen, Dormagen
Störung
Zum Artikel „Gedankenloser Aktionismus“ (CIG 46, S. 2)
Es stört die Harmonie. Von Leiden möchte der Mensch nichts hören. Das Leiden wird verdrängt. Auf den Gedanken, dass ein Kreuz auch die Auferstehung beinhaltet, kommen ohnehin viele nicht mehr. Durch Neutralität wird so die Welt der Hoffnung beraubt, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern das Leben. Stellen, die einmal ein Kreuz zierte, sind Leerstellen. Vielleicht werden wir das in Zukunft noch als Mangel spüren.
Heinrich Brücker, Recklinghausen
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