Seliger Rutilio Grande
Sehr bewegend fand ich es, mit Andreas R. Batlogg den Lebensspuren des seligen Rutilio Grande nachzugehen (vgl. „Romeros Freund“ in CIG Nr. 4, S. 5). Wir können heute nur ahnen, welchen Spannungen der Jesuit ausgesetzt war, als er sich an der Seite des leidgeprüften Volkes den Machtansprüchen der Oligarchen widersetzte und ihm kirchliche Obrigkeiten misstrauten.
Rutilio Grande ist wahrlich nicht „umsonst gestorben“ – wie viele andere, die unerschrocken ihr Leben hingaben, ohne Hass und Feindschaft gegenüber den Mächtigen aufkommen zu lassen. Ihm ging es um das Gastmahl, um den Tisch der Schöpfung für alle. Seine Seligsprechung ist für uns ein kräftiges Ausrufe- und Hoffnungszeichen inmitten einer Kirche, die oft vergisst, dass Gott eben nicht in den Wolken wohnt, sondern sein Reich „hier auf Erden aufbaut“.
Klaus Beurle, Würzburg
Seelsorge in Auschwitz
Danke, Gotthard Fuchs, für die Erinnerung an den 80. Jahrestag der Wannseekonferenz (vgl. „Abgründe der Vernunft“ in CIG Nr. 4, S. 4), bei der die „Endlösung der Judenfrage“ behandelt wurde. Unmittelbar darauf wurden damals im Konzentrationslager Auschwitz die Gaskammern errichtet.
Ich möchte an dieser Stelle das heutige Zentrum für Dialog und Gebet in Oświęcim / Auschwitz ins Bewusstsein rufen. Die Einrichtung bietet Besuchern der Gedenkstätte des ehemaligen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers einen Ort, der zu Besinnung, Begegnung, Lernen und Gebet einlädt. Auf diese Weise hilft das Zentrum, die Opfer zu ehren und eine Welt des gegenseitigen Respekts, der Versöhnung und des Friedens zu gestalten. Es ist eine Einrichtung der katholischen Kirche und gehört zur Erzdiözese Krakau.
„Auschwitz ist zum Synonym für Unmenschlichkeit, Gottesferne und Massenmord geworden. Auschwitz darf nicht siegen; stärker muss unser Engagement werden, um nach Auschwitz eine Zivilisation zu schaffen, deren Mitte die jüdisch-christliche Offenbarung vom Menschen als Ebenbild Gottes bildet.“ Das schreibt Manfred Deselaers, Priester des Bistums Aachen und Seelsorger am Zentrum.
Wir müssen uns fragen: Führen wir wirklich, wie es im Dialogzentrum Tag und Nacht geschieht, flächendeckend Zeitzeugengespräche, in allen Schulen lehrplanverankert Dialoge über die Entstehung des Bösen, religionsübergreifend Debatten über die Frage, wo Gott im unsäglichen Leid war und ist?
Das Zeugnis der Kirche am Rande von Auschwitz sei, so Deselaers, vor allem ein Glaubenszeugnis: Die Macht des Bösen und des Todes hat nicht das letzte Wort. Das letzte Wort hat Gott, der Liebe ist. In Auschwitz sei das weniger eine Wahrheit, die gesagt werden muss, als eine, die gelebt werden will. Das beginne mit dem Ernstnehmen der Opfer, und das heißt für die Kirche auch Gewissenserforschung. Es bedeute positiv, den Glauben an Gott und den Menschen „nach Auschwitz“ nicht zu verlieren.
Peter Pypelinx, Bad Malente
Gewählte Bürgermeister
Im „Für Sie notiert“ über die Ernennung des Erzbischofs Giacomo Morandi zum einfachen Bischof von Reggio Emilia-Guastalla (CIG Nr. 4, S. 2) zitieren Sie den Vergleich, dies wäre so, als würde ein Staatssekretär des Bundesinnenministeriums zum Bürgermeister einer Gemeinde im Allgäu gemacht. Das ist sprachlich charmant, aber sachlich falsch.
In Deutschland gibt es das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen. Es wird durch Landesverfassungen geregelt. Niemand kann Bürgermeister werden – und das gilt auch im Allgäu – dadurch, dass ihn ein Ministerium dazu ernennt. Jedes noch so kleine, eigenständige kommunale Gebilde in Deutschland hat das Recht (und die Pflicht), seine eigenen Abgeordneten und einen eigenen Bürgermeister zu wählen.
Doch gerade vor diesem Hintergrund wird die Nachricht noch aussagekräftiger: Dass der Sekretär der Glaubenskongregation in die Etappe verwiesen wurde, zeigt einmal mehr, dass der Vatikan eine der letzten absolutistischen Regierungsformen praktiziert, die es auf der Welt noch gibt.
Johannes Tolxdorff, Bürgermeister a.D. der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf auf Usedom
Ökumenisch handeln
Ich stimme Heinz-Günther Stobbe voll und ganz zu (vgl. „Gemeinsam in einer gespaltenen Welt“ in CIG Nr. 3, S. 6):Fortschritte in der Ökumene können nicht allein durch das Beten kommen – sondern eben auch durch das Denken und Handeln der interessierten Christen, unabhängig von den offiziellen Vorgaben. Würden mehr Gläubige dazu den Mut aufbringen, bliebe der Amtskirche gar nichts übrig, als sich zu erneuern – will sie nicht in Kauf nehmen, dass sich ihre „Schäfchen“ noch zahlreicher abwenden.
Dr. Leo Dolleschel, Olpe
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