Dreieinhalb Kilo Nudeln und Brot, vier Kilo Gemüse und 20 Liter zu trinken – laut Bundesamt für Katastrophenhilfe sollte jeder Bürger diese Vorräte auf Lager haben. Immerhin kann es jederzeit zu einem Notfall kommen, der einen zwingt, zwei Wochen in den eigenen vier Wänden auszuharren. Die Empfehlung ist schon mehrere Jahre alt, doch in diesem Corona-Winter klingt sie so aktuell wie nie. Die Inzidenzwerte steigen, das Virus verbreitet sich schneller und schneller. Und langsam müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass es womöglich nur eine Frage der Zeit ist, bis Corona auch uns erwischt und die eigene Wohnung von einem Tag auf den anderen zur Quarantäne-Zelle wird.
Befreiungstexte, neu gelesen
Wenn man Glück im Unglück hat und es bei einem leichten Krankheitsverlauf bleibt, gibt es nur noch die Frage, womit man die rund 240 Stunden füllt, die eine Corona-Quarantäne dauert. Im Internet und in Zeitschriften finden sich inzwischen ganze Listen von Serien, die man anschauen kann, um sich die Zeit zu vertreiben, andere schwören auf eine kreative Ablenkung und nutzen die Zeit, um ihr Wohnzimmer zum Maleratelier zu machen oder ein Instrument zu üben.
Wer in der unfreiwilligen Auszeit nach spirituellem Trost sucht, kann ihn in der Bibel finden. Die sehnsuchtsvollen Befreiungstexte des Alten Testaments lesen sich anders, wenn man selbst die Tage zählt, bis man wieder an der Freiheit des alltäglichen Lebens teilhaben kann. Wer stundenlang aus dem Fenster schaut und sich wünscht, wieder Teil der Welt da draußen zu sein, fühlt sich vielleicht von der Erzählung angesprochen, in der Gott Mose im Buch Deuteronomium auf einen Berg führt, um ihm das Gelobte Land zu zeigen – und von der Botschaft, dass Gott auch in der Einsamkeit bei uns ist und einen Plan für unser Leben hat.
Briefe aus der Isolation
Im Neuen Testament sind es vor allem die Paulusbriefe, die man in der Quarantänezeit neu entdecken kann. Paulus schreibt aus einer Gefängniszelle und geplagt von Krankheit (vgl. 2 Kor 12,7). Und trotzdem findet er liebevolle Worte an seine Mitgläubigen in aller Welt, macht Hoffnung auch in düsteren Zeiten: „Gott gebe euch in der Macht seiner Herrlichkeit viel Kraft, damit ihr in allem Geduld und Ausdauer habt“ (Kol 1,11). Kann es tröstendere Worte in der Corona-Zeit geben?
Wer selbst aus der Quarantäne heraus zu Stift und Papier greifen will, kann sich ein Beispiel an den kurzen Johannesbriefen nehmen. Der Autor lässt sich treiben von der Vorfreude, seine Freunde bald wieder von Angesicht zu Angesicht zu sehen. „Vieles hätte ich dir noch zu schreiben; ich will aber nicht mit Tinte und Feder schreiben. Ich hoffe, dich bald zu sehen; dann werden wir persönlich miteinander sprechen. Friede sei mit dir!“ (3 Joh 13–15).