Deutschland und die Ukraine-KriseDer konsequente Kanzler

Bundeskanzler Scholz gilt in der Ukraine-Krise vielen als zu zaghaft. Das Gegenteil ist richtig.

Zu den vielen Merkwürdigkeiten der aktuellen Ukraine-Krise und der Bemühungen um ihre Entspannung zählt das weit verbreitete Narrativ, dass Bundeskanzler Scholz zu zaghaft agiere. Wahlweise: zu zögerlich, zu zurückhaltend, zu defensiv. Man macht das dann an zweierlei fest. Erstens: Die aktuelle Bundesregierung weise nicht deutlich genug darauf hin, dass ein russischer Angriff auf die Ukraine das Aus der Gas-Pipeline NordStream 2 bedeute. Zweitens: Die Ampel-Koalition verweigere die Unterstützung der Ukraine durch Waffenlieferungen.

Erdgas als politische Waffe

All das ist zumindest erstaunlich. Denn tatsächlich agieren Bundeskanzler Scholz und seine Regierungskoalition hier erwartbar, strategisch und konsequent. Zum Beispiel NordStream 2. Politik rund um Energie und ihre Versorgungssituation ist kompliziert. Das liegt hauptsächlich daran, dass Deutschland von russischem Gas abhängig ist. Deutlich über die Hälfte der deutschen Gasimporte kommen von Putin und Schröder. Und die sitzen deshalb am längeren Hebel, weil am Ende einer Eskalationsspirale die unvorstellbare Tatsache stehen könnte, dass wir frieren werden – weil Russland dann Erdgas auch als politische Waffe einsetzen und noch weniger liefern würde, als es das zurzeit tut. Adäquate Alternativen zu russischem Gas gibt es nicht. Man muss kein Freund von NordStream 2 sein, um in der aktuellen europäischen Sicherheitslage über ein mögliches Ende der Pipeline lieber zweimal nachzudenken.

Die Weigerung Deutschlands, die Waffen-Wunschliste der Ukraine zu erfüllen, braucht hingegen kein zweites Nachdenken. Sie ist das Gegenteil von „zu zaghaft“. Scholz, Habeck und Baerbock folgen hier geltender Politik, und zwar den „Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“. Darin heißt es: „Die Lieferung von Kriegswaffen und kriegswaffennahen sonstigen Rüstungsgütern wird nicht genehmigt in Länder, in denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden.“ Diese Politischen Grundsätze gelten übrigens bereits seit 2019, als Angela Merkel noch Bundeskanzlerin war. Aber viel entscheidender ist doch, dass Deutschland nun durch reales politisches Handeln die zwangsläufige Spirale von mehr Aggression, mehr Waffen und mehr Krieg durchbricht.

Entlarvende Haltung

Natürlich kann der Einsatz für mehr Frieden auch schmerzhaft sein. Aber es muss jemand damit beginnen. Deutschland tut das. Dabei ist es entlarvend für unsere Zeit und die Haltung vieler Verbündeter, wenn eine solche Politik keine Wertschätzung und Unterstützung erfährt, sondern verständnislose Kritik.

 

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