WetterphänomeneSturmtief der Seele

Stürme fegen durchs Land, legen den Verkehr lahm und wirbeln den Alltag durcheinander. Das kann auch eine Chance sein.

Ylenia, Zeynep und Antonia – so hießen die drei aufeinanderfolgenden Sturmtiefs, die uns seit Erscheinen des letzten CIG in Atem hielten. In Atem? Das passt! Die hebräische Sprache umschreibt mit der ruach alles, was Wind erzeugt: Atem, Odem, Wind, Sturmesbraus. In den Firm- und Pfingstliedern wird ein Kaleidoskop an Bildern entfaltet, die allesamt die Wirkung dieser Schöpfungskraft beschreiben: „Feuer, das die Nacht erhellt“, „Sturm, der unaufhaltsam in unser Leben eindringt“, „Labsal in aller Not“, „Weisheit, die vor dem Herrn tanzt und in das Herz des Menschen einzieht“, „Wärme in jeder Kälte“, „Ruhe in aller Unrast“, „Trost in Leid und Tod“.

Siehe, ich mache alles neu

Der Geist des Herrn erfüllt das All mit Sturm und Feuersgluten. Vom Propheten Elija wissen wir, dass der Herr nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer zu finden war, sondern „in einer dünnen Stimme des Schweigens“ beziehungsweise „im sanften, leisen Säuseln“ – woraufhin Elija sein Gesicht verhüllte und an den Höhleneingang trat (1 Kön 19,12). Vom Heiligen Geist allerdings bekennen wir, dass er vor stürmischer Begeisterung nicht zurückschreckt, um das Angesicht der Schöpfung je neu zu verwandeln; in Brot und Wein macht die ruach alles neu. Während der Zeitgeist auch heute falsche Propheten verschwörungstheoretisch beruft, erkennt man das Durchdrungensein von heiligem Geist daran, dass gerade keine Spaltung, sondern Eintracht die Folge ist. Heiliger Geist kennt keine Ausländer, sondern schafft eine einzige Familie in der Liebe Gottes. Aus vermeintlichen Feinden werden Freunde, die eines Herzens und Sinnes sind – „und alle haben alles gemeinsam“.

Singen im Orkan

Deshalb lohnt es sich, an die vielen Beispiele der Naturgewalten im Alten Testament zu erinnern, die allesamt von der Einheit stiftenden Gegenwart des Herrn künden – während Zeitgenossen heute im Angesicht von Sturm und Wind eher eine ängstliche Gottverlassenheit an den Tag legen. Was spricht dagegen, mitten im Regen ein kurzes Gebet der Tauferneuerung zu sprechen, so als ob wir mit Weihwasser besprengt würden? Was spricht dagegen, beim Schneefall für ein Taufkleid zu danken, das Gott seiner wunderschönen Schöpfung überzieht, auch damit wir diese bewahren mögen? Was spricht dagegen, mitten im Orkan ein Heilig-Geist-Lied anzustimmen? Schließlich hat unsere deutsche Kirche solche Brisen bitter nötig, damit dieser Geist Gottes all das hinwegfegen möge, was geistlose Erdlinge an Sündenbauten errichtet haben.

Menschliche Ordnung verursacht Chaos; des Geistes Unordnung nach drei Stürmen schafft neue Klarheit dafür, was wirklich zählt im Leben – der Rest kann in den Müll. Frühjahrsputz der Seele.

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