ChristenverfolgungSchlimmer als im Alten Rom

Am Gedenktag des Stephanus nimmt die Kirche auch die Märtyrer unserer Zeit in den Blick. Jede Zahl wird hier abstrakt wirken. Beklemmend genug ist, tägliche Einzelfälle anzuschauen.

Christen würden heute schlimmer verfolgt als im Alten Rom, schreibt Papst Franziskus im Vorwort zu einer Bibelausgabe für Jugendliche. Genau beziffern lässt sich das nicht. Doch auch der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, der Augsburger Bischof Bertram Meier, sagte jetzt bei domradio.de, dass Christen weltweit die am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft seien.

Rund drei Viertel der Weltbevölkerung leben nach Angaben des US-Forschungsinstituts Pew Research Center in Ländern mit religiösen Repressionen. In fünf der sieben bevölkerungsreichsten Länder würden Christen auf die ein oder andere Art wegen ihres Glaubens verfolgt: in China, Indien, Indonesien, Pakistan und Nigeria.

Der weitaus größte Teil von Ländern mit massiver Christenverfolgung hat eine muslimische Bevölkerungsmehrheit. Dazu kommen einige kommunistische, kommunistisch verbrämte oder sonstige Diktaturen in Asien sowie eine stark zunehmende Zahl von Konfliktstaaten in Afrika.

Der mit Abstand wichtigste Beweggrund für Christenverfolgung ist islamischer Extremismus, sei es als Fundamentalismus (Verweigerung von Religionsfreiheit etc.) oder in Form von Gewalt und Terrorismus. Zweiter Hauptgrund sind Formen von Despotismus, etwa im kommunistischen Nordkorea, in China, Myanmar und Vietnam.

Allerdings warnt der Präsident des Hilfswerks missio Aachen, Dirk Bingener, für Christenverfolgung pauschal „den Islam“ verantwortlich zu machen. Rechtspopulistische Bewegungen nutzten das Thema aus, um antiislamische Ressentiments zu schüren, schrieb er in einem Gastbeitrag für katholisch.de. Solche rechtspopulistische Vereinnahmung christlicher Themen mache es schwieriger für tatsächlich Engagierte, Gehör in Sachen Religionsfreiheit zu finden.

Eine exakte Definition religiöser Verfolgung ist schwierig, gibt es doch die unterschiedlichsten Spielarten und Empfindungen von Verfolgung und Verfolgtsein. Am augenfälligsten ist Gewalt: Hinrichtung, Ermordung, Versklavung. Doch auch andere Repressionen sind zu berücksichtigen: behördlicher oder sozialer Druck, Konversions- und Blasphemiegesetze, Ungleichheit vor dem Gesetz, Drohungen, politische oder berufliche Benachteiligung sowie die Beschränkung der Kultusfreiheit. Schwierig ist die Abgrenzung bei Konflikten, die entlang ethnisch-religiöser Linien verlaufen, so etwa in der Zentralafrikanischen Republik, in Zentralnigeria oder in den Grenzzonen zwischen Sudan und Südsudan. Im ersten Fall geht es um soziale Hoffnungslosigkeit, im zweiten um Herden und Land, im dritten um Öl.

Ein in den Statistiken nicht beachteter, weil nicht messbarer Faktor ist die mittelbare Christenverfolgung. Hier dürfte der westliche Bündnispartner Saudi-Arabien weltweit an der Spitze liegen. Mit Milliarden Dollars haben die Saudis unzählige Moscheen finanziert und damit dem interreligiösen Klima in moderat muslimischen Ländern wie dem Kosovo geschadet.

Und – ein weites Feld – woher kommen Waffen des islamistischen Terrors und internationaler Konflikte? Konsequent zu Ende gedacht würde das auch deutsche, französische und amerikanische Rüstungsexporteure zu mittelbaren Christenverfolgern machen.

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