Im aktuellen Kinofilm Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war, der Joachim Meyerhoffs gleichnamiges Buch auf die Leinwand bringt, in dem er auf seine Kindheit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Schleswig zurückblickt, gibt es eine bemerkenswerte Szene: Ein kleiner Junge läuft durch den Garten der Psychiatrie, ist traurig; er geht zum „Glöckner“, einem baumstammgroßen Patienten, der immer zwei Glocken mit sich trägt und bimmelt. „Mir geht es nicht so gut“, sagt er. Der Glöckner versteht sofort den Wunsch, steckt seine Glocken weg und nimmt das Kind auf seine Schultern – und tollt und tanzt mit ihm über die Wiesen. Der Kleine jauchzt und frohlockt und wird schließlich behutsam vor der eigenen Haustür abgesetzt.
Wenn es ein literarisch passendes Bild für den vierten Fastensonntag gibt, dann dieses: Wie der kleine Junge sein Tal der Alltagssorgen von oben her neu sehen lernt, geschultert vom psychisch kranken Freund, so schultert uns Gott – und schenkt uns inmitten der österlichen Bußzeit, inmitten so vieler weltweiter Krisen – hier in Hamburg auch des mörderischen Angriffs auf die Kirche der Zeugen Jehovas in Alsterdorf – einen roséfarbenen Tag der Vorfreude auf Erlösung.
An zwei Sonntagen im Jahr kann die liturgische Farbe rosa sein; das Violett der Bußzeiten in der Fasten- und Adventszeit wird bereits im Sinne der Vorfreude durch die weiße Farbe himmlischer Vollendungsfreude am jetzigen vierten Fastensonntag (Laetare! – „Freu Dich!“) und am dritten Adventssonntag (Gaudete! – „Freut Euch!“) etwas lichter und heller – eben rosafarben.
Die Goldene Rose (lateinisch rosa aurea) ist eine päpstliche Auszeichnung. Diese ist ein aus vergoldetem Silber geschmiedeter Rosenstrauß aus sechs Rosenzweigen mit sechs Blüten, die mit wohlriechenden Essenzen (Balsame und Moschus) gefüllt sind. Traditionell wurde die Goldene Rose am vierten Fastensonntag, der deshalb auch Rosensonntag genannt wird und faschingsähnliche Umzüge kannte, einer Persönlichkeit, einem Staat, einer Stadt oder einer Organisation verliehen, die sich um die katholische Kirche besonders verdient gemacht hatte. Jährlich wurde durch einen Goldschmied eine neue Rose im Auftrag des Papstes angefertigt. Papst Paul VI. (1963–1978) verlieh die besondere Auszeichnung nur noch an Wallfahrtsorte. Er tat dies fünfmal, Papst Johannes Paul II. (1978–2005) neunmal und Benedikt XVI. (2005–2013) sogar achtzehnmal. Papst Franziskus hat seine erste Goldene Rose im November 2013 vergeben. Die Rose steht für Jesus Christus, wobei die Dornen seinen Leidensweg symbolisieren und das Gold seine Auferstehung – so kam der vierte Fastensonntag unmittelbar vor der Passionszeit zu seiner besonderen Farbe. Er schenkt uns wie dem kleinen Kind auf des Glöckners Schultern eine kurze Zeit der ausgelassenen Freude, die wir alle so bitter nötig haben. Laetare!