"Mut zur Öffnung"Wie Speichen eines Rades

Die Predigten Dieter Nesselhaufs gehen aufs Ganze.

Dies ist kein Predigtbuch im herkömmlichen Stil. Hier spricht ein Pfarrer, der für die Sache Jesu „brennt“ und seine Gemeinde zum Brennen bringt. Die Botschaft Jesu war dem viel zu früh Verstorbenen das Wichtigste. Darum scheute er auch keinen Konflikt mit der „Amtskirche“; denn „nicht allein das kirchliche Lehramt, also Papst, Bischöfe und Priester, hat die Deutungshoheit über den Glauben – und auch da nicht nur Katholiken –, sondern Christen aller Konfessionen haben die Berufung, als Propheten neue Wege zur Rettung der Schiffbrüchigen zu gehen. Unsere christliche Berufung ist es, Menschen … aufzurichten, statt sie niederzudrücken und zu verurteilen…, nicht zu spalten in Konfessionen und Religionen, nicht zu spalten in Glaubensprofis und Glaubensferne, sondern zusammenzuführen in die Mitte, die Gott ist“.

Mit seiner Offenheit für alle und für alles faszinierte er seine Gemeinde. Er ließ sich in seinem Wirken von der Überzeugung leiten: „Jesus hatte vor allem die Verstoßenen und Chancenlosen eingeladen, sich mit ihm unter den Augen Gottes an einen Tisch zu setzen. Wo die Kirche suchende Menschen – auch von der Tischgemeinschaft mit Jesus – ausgrenzt, wird sie blutleer und stirbt. Die Kirche stirbt, wenn sie Menschen ausgrenzt, die am Rand stehen, ... wenn sie Menschen ausgrenzt, die eine andere Konfession haben, … wenn Kirchengesetze wichtiger sind als der Mensch, … wenn die angeblich ‚reine Lehre‘ für die Menschen so unverdaulich wird, dass das Nötigste zum Überleben fehlt“. Offen bekennt er, dass er sich mit der Rede von Gott schwertut. „Wir sprechen in Glaubenssachen oft über Dinge, die unverständlich sind. Uns gelingt es meistens nicht mehr, die Sprache und Denkweise der Menschen von heute zu treffen … Ich kann Gott niemals erfassen und erklären. Ich kann mich ihm höchstens glaubend und fragend nähern.“ Jesus wurde geboren, „um uns wieder miteinander ins Gespräch zu bringen über das Wesentliche, über das, was wahres Menschsein ausmacht“.

Nesselhauf träumte von einer Kirche, die wie ein Rad ist: „Die Mitte ist Jesus Christus. Von ihm gehen die Menschen unterschiedlichster Konfessionen und Vorstellungen in die Welt hinaus. Zusammengehalten werden sie von der einen Kirche, wie sie Jesus gewollt hat. Und so wie alle Speichen eines Rades gleich wichtig sind, so sind auch die Menschen aller Konfessionen gleich wichtig. Würde eine oder würden gar mehrere Speichen im Rad fehlen, es wäre fatal! Und so träume ich von einer Kirche, die allumfassend, also katholisch ist und sich am Evangelium, der Mitte unseres Glaubens, orientiert und sich zu Recht evangelisch nennt. Ich träume von einer Kirche, in der dann alle Konfessionen wie Speichen eines Rades ihren Platz haben, die katholische und die evangelische in ihren verschiedenen Ausprägungen, die orthodoxen, die Freikirchen. Ich träume von einer Kirche, in der wir uns auf Augenhöhe begegnen, weil wir alle Gottsucher sind und uns von der Mitte, Jesus Christus, gehalten wissen. Es ist dann eine große Kommunion, eine Gemeinschaft, in der Jesus Christus der Gastgeber aller Gaben ist. Und von diesem Mahl wird niemand ausgeschlossen sein, nur weil er eine andere Sprache, eine andere konfessionelle Sprache spricht“. Ob der Traum dieses „brennenden“ Pfarrers jemals Wirklichkeit werden wird?


DIETER NESSELHAUF:
MUT ZUR ÖFFNUNG. PREDIGTEN AUS DER KARLSRUHER ZEIT
Hrsg. von Bernd Höppner und Frank Nesselhauf, eplubi, 133 S., 16 €

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